Altes Rathaus

Inhaltsverzeichnis

  1. Einleitung

  2. Erste Erwähnung der Stadt Cottbus

  3. Das “Alte Rathaus“ von 1100 bis 1600

  4. Das “Alte Rathaus“ von 1600 bis 1848

  5. Das “Alte Rathaus“ von 1849 bis 1946

  6. Sonstiges

  7. Quellen

 

Einleitung

Ein Rathaus war neben der Stadtbefestigung und dem Stadtsiegel Symbol städtischer Autonomie.
In einer mittelalterlichen Stadt befand sich das Rathaus fast immer im Zentrum, entweder am oder auf dem Marktplatz.
Die Aufgabe eines Rathauses bestand darin, den Raumbedarf der Stadtregierung zu decken. Weiterhin verfügten Rathäuser über zusätzliche Räume, wie zum Beispiel über Verkaufsstände für Kaufleute und Handwerker. Somit fand dort der Handel mit besonders wertvollen Gütern statt, zum Beispiel Tuch- und Edelmetallwaren sowie mit besonders stark kontrollierten gewerblichen Produkten wie Lebensmitteln. Dieses erfolgte unter der unmittelbaren Aufsicht der städtischen Obrigkeit.

 

Erste Erwähnung der Stadt Cottbus

Die älteste urkundliche Erwähnung der Stadt Cottbus entdeckte man in der im Jahre 1156 ausgestellten Schenkungsurkunde des Markgrafen Konrad von Meißen an das Kloster Petersberg bei Halle/Saale. Als Zeuge wurde in dieser Urkunde “Heinricus Castellanus de Chotibus“ (Burggraf von Cottbus) erwähnt. Wie in der Cottbuser Chronik zu erfahren ist, erfolgte die Anlage der Stadt in den folgenden Jahrhunderten.

Über Jahrhunderte wurde Cottbus immer wieder von Bränden, Unwettern und Katastrophen heimgesucht, aber stets neu aufgebaut. So wurde auch das “Alte Rathaus“ in den Jahren 1600 und 1671 neu errichtet.

 

Das “Alte Rathaus“ von 1100 bis 1600

Die Stadtanlage erfolgte planmäßig im 13. Jahrhundert. Zu diesem Zeitpunkt wurde offenbar der Standort des mittelalterlichen Rathauses bei der systematischen Anlage der Stadt festgelegt.

Das erste Rathaus, welches über Jahrhunderte in erster Linie ein Kaufhaus war, soll auf dem Marktplatz, im Zentrum der Stadt, gestanden haben. Der Standort befand sich zwischen der Einmündung der Spremberger Straße und der Scharrengasse. Unmittelbar vor der Vorderfront des Rathauses mündete die Rathausgasse ein. Das Rathaus war neben dem Stadtsiegel und der Stadtbefestigung ein Symbol städtischer Autonomie.

Dieses Rathaus hatte die Aufgabe, den Raumbedarf der Stadtregierung zu decken. Nur war dieser vergleichbar gering. Das Rathaus war ausgestattet mit einem Saal für Rats- und Gerichtssitzungen, einem Raum für den Stadtschreiber und einem weiteren für den Verwalter der Finanzen. Somit ließ sich eine mittelalterliche Stadt schon regieren. Weiterhin waren eine Ratsweinstube und ein Ratskeller vorhanden. Dieser Ratskeller wurde zur Aufbewahrung der Weine und Biere genutzt. Der Ausschank allerdings erfolgte zu dieser Zeit in der genannten Ratsweinstube. Gleichzeitig konnte in diesem Rathaus gehandelt werden, denn es verfügte über eine städtische Waage. Als sogenannter „Wägemeister“ fungierte damals der Wirt des Ratskellers/Ratsweinstube.

Der Stadtarchivar Herr Franz Schmidt schrieb in den zwanziger Jahren: “Aufgefundene Mauerreste im Grunde des Rathauses wie des Marktplatzes lassen vermuten, dass das Rathaus im Mittelalter ein anderes Aussehen gehabt haben muss.“

Dieses Alte Rathaus hatte spätgotischen Charakter, nur dessen Ostseite bestand aus einem barocken Gebäudeflügel, welcher nach dem Einsturz der Vorderseite im Jahre 1748 neu errichtet werden musste.

Das Äußere eines Rathauses ließ häufig auf den Wohlstand einer Stadt schließen. Daraufhin wollten die Stadtbürger mit einem repräsentativen Bau Bürgerstolz und Bürgerfreiheit zum Ausdruck bringen. Aber das “Alte Rathaus“ von Cottbus war vergleichsweise bescheiden, nur der zierliche Renaissanceturm ragte im wahrsten Sinne des Wortes heraus. Dieses Rathaus bestand aus dem östlichen Querbau mit der Front zum Markt, dem zierlichen Rathausturm sowie dem älteren westlichen Bau mit spätgotischen Formen und Kreuzgewölben. Einst war der gotische Rathausbau ein längs rechteckiger Backsteinbau mit ca. 1,3 m dicken Grundmauern, einer Breite von 13 m sowie einer Länge von ca. 37 m.
Gestützt wurde dieser Bau an drei Seiten, mit Stützpfeiler mit einem Meter Stärke. Angebracht waren diese im Abstand von 5 m.

Im August 1399 wurde erstmals ein Cottbuser Bürgermeister namentlich genannt. Er hieß Peter Calow und hatte von diesem Zeitpunkt an das Amt inne. Dezember 1430 war der Zeitpunkt, an dem der Cottbuser Heinrich Snyder urkundlich als neuer Bürgermeister erwähnt wurde. Einige Jahre später, im September 1453, wurde dann Casper Strupitz der Nachfolger des Bürgermeisters.

Der Cottbuser Ratskeller war der einzige Ort in der Stadt, an dem fremde Weine und Biere ausgeschenkt werden durften. Somit hatte der Ratskeller einen besonders hohen Anteil an den städtischen Finanzen. Die Wirtschaft wurde etwa bis zur Mitte des 17. Jahrhundert durch den Rat der Stadt selbst betrieben. Von 1540 an durften die Cottbuser den Rat der Stadt selbst wählen. Die zwölf Mitglieder haben dann den Bürgermeister bestimmt, der vom Kurfürsten bestätigt wurde.
Die Geschäfte der Stadt wurden durch den Bürgermeister nebenberuflich geführt. Er prüfte die Rechnungen, nahm Beschwerden entgegen und erteilte die notwendigen Bescheide. Des Weiteren zog er von den Hauptgewerken den Zins ein. Die Abgaben der Stadtwaage sowie aus dem Ratskeller waren die wichtigsten Einnahmequellen der Stadt.

Der Markgraf Johann hatte im Jahre 1540 eine Polizeiverordnung erlassen, in der es hieß: „Es soll aber den Räthen in den Städten frei stehen mit allerley fremden Bier und Wein den Stadtkeller zu versehen.“

In der Chronik aus dem 16. Jahrhundert ist zu erfahren, dass die Turmspitze des Rathausturmes im Jahr 1542 nach einem Blitzschlag niederbrannte. Erst im Jahr 1545 erfolgte eine Erneuerung.

In der Stadtrechnung ist ein Beleg von 1588 über den Ausschank fremder Weine und Biere im Cottbuser Rathaus zu finden. Der Ausschank erfolgte durch den Stadtschenk, der hier ebenfalls die große Stadtwaage zu bedienen hatte und somit für das Wiegen der ein- und ausgehenden Waren verantwortlich war.

 

Das “Alte Rathaus“ von 1600 bis 1848

1600 vernichtete ein Großbrand fast die gesamte Stadt. Das Rathaus und dessen Archiv brannten vollkommen nieder. Nach diesem verheerenden Brand wurde die erste umfassende Erneuerung des Rathauses durchgeführt.

1607 erfolgte die Herstellung der kleinen Glocke die jeweils die Viertelstunden schlug. Diese trug die Aufschrift: „Sebastian Gesus von Dresden gos mich durch Fürlos (Feuerflug)1607.“ Das Stadtwappen mit dem Krebs war daneben angebracht. Glockengießer war Sebastian Preger aus Frankfurt/Oder.

1639 geben Ratsrechnungen Auskunft darüber, dass sich der Ratskeller unter dem nordöstlichen Teil des Rathauses befand. Gleichzeitig wird die Ratswaage erstmals erwähnt. Sie gehörte zur Ratskellerwirtschaft, dessen Pächter für das Wiegen der ein- und ausgehenden Ware verantwortlich war.

Das 1671 erneut bis auf die Umfassungsmauern niedergebrannte gotische Rathaus wurde einschließlich seines im Renaissancestil errichteten Rathausturmes in den Jahren von 1684 bis 1690 neu aufgebaut. Der neu erbaute Rathausturm erhielt eine doppelte, offene Laterne und Zwiebeltürmchen.
Dokumente und Berichte über den Stadtbrand von 1671, Münzen und ein Weißbierglas wurden zum Abschluss der Bauarbeiten in drei Kapseln eingebracht.
In den alten Stadtansichten findet man den Rathausturm immer in Verbindung mit den vier anderen Türmen der Stadt Cottbus. Zu den vier Türmen gehörten der Schlossturm, Oberkirchturm, Klosterkirchturm und der Spremberger Turm.

1671 erfolgte der Guss der mittleren Feuerglocke sowie der großen Stundenglocke des Rathauses. Gegossen wurden die zwei reichgeschmückten Glocken von dem gebürtigen Lothringer Glockengießer, Sebastian Franziskus Voillard, in Frankfurt/Oder.
Nach dem Stadtbrand von 1671 pachtete der damalige Bürgermeister Mühlpfordt den Ratskeller und führte ihn ab 1672 selbst. Gleichzeitig wurde die Pacht von 70 auf 60 Taler jährlich gesenkt.

1698 übergab die Witwe des Bürgermeisters Mühlpfort den Ratskeller an den Kunstmaler Johann Siegmund Hofkuntz. Zu diesem Zeitpunkt betrug die Pacht nur noch 40 Taler jährlich.

 

1716 musste dieser Pächter des Ratskellers eine Stube an den Oberoffizier der Hauptwache abtreten und konnte somit nicht mehr in gewohnter Weise den Ratskeller betreiben. Später führte die Witwe des Kunstmalers Hofkuntz den Ratskeller weiter bis er an den neuen Ratskellerwirt Johann Mann übergeben wurde. Dieser wurde allerdings aufgrund von Unregelmäßigkeiten bei der Ratswaage im Jahr 1733 abgesetzt.

1738 erfolgte die Übernahme durch den approbierten Chirurg Nicolaus Joachim Löhr.
Zur Besserung der schlechten Geschäftslage reagierte Herr Löhr mit dem Vorschlag, den Ausschank fremder Weine und Biere zu verstärken.
Laut Stadtplan von 1724 hatte das Rathaus einen rechteckigen Grundriss, dessen Außenseite nach Süden hin plastisch strukturiert war. Es ist davon auszugehen, dass sich in diesem Jahrhundert dort die Eingangsfront befunden hat.

1745 erfolgte eine Reparatur des Rathausturmes.

1746 erfolgte durch den Cottbuser Rat der Auftrag, die baufällige Vorderseite des Rathauses zu erneuern.

Im November 1748 stürzte diese neuerbaute Front zum Marktplatz ein. Grund dafür war die mangelhafte Bauausführung im Jahre 1746. Nun bestand die Notwendigkeit, das Querhaus neu zu errichten. Es entstand der östliche dreigeschossige Querbau mit Mansarddach. Gleichzeitig wurde der Haupteingang zum Rathaus in die vom Markt zugewandte Seite verlegt. Zu erkennen war dieser Neubau durch seinen einfachen Putzbau. Aus dem Mittelalter stammte nur noch das westliche Langhaus. Nach dem Neubau des Querhauses besaß der Rathausturm nun eine Höhe von 43,4 Metern. Des Weiteren wurde im Neubau ein Saal für Sitzungen des Schwurgerichts eingerichtet. Nach Anbau des barocken Quergebäudes waren nur noch 28 m des gotischen Baues sichtbar.
In einem Inventarium aus dem Jahre 1748 wird berichtet, dass sich im ersten Obergeschoss ein Tuchmacherboden der Gewandschneider und Tuchmacher befand. Dieses Obergeschoss hatte zur Abendseite (Westseite) hin zwei und zur Mittagsseite (Südseite) drei Fenster mit Glas bzw. Holz verfüllt. Wie damals üblich, bestanden die Decke und der Fußboden aus Holz.
Nach Abschluss dieser Bauarbeiten besaß das Rathaus einen T-förmigen Grundriss.

1800 erfolgte eine erneute Reparatur des Turmes am Rathaus. Im selben Jahr wurde im Stadtarchiv die älteste Abbildung des Rathauses gefunden. Wie eine Zeichnung Carl Blechens von 1814 zeigt, erhielt die Nordseite des gotischen Kernbaus einen Anbau.
Folglich ist davon auszugehen, dass sich der Turm innerhalb des Rathauses befunden hat. Der neue Bau wurde verputzt und gestrichen, während der gotische Teil weiterhin unverputzte Ziegelwände besaß.

1830 wurde der Ratskeller im Berliner Intelligenzblatt zur Zeitpacht ausgeschrieben. Daraufhin wurde der Ratskeller bis 1850 von Christian Posch übernommen.
Der Recherche zufolge wurden allein im Jahr 1841 im Cottbuser Ratskeller 295 Tonnen Cottbuser Bier, 28 Tonnen ausländisches Bier, 2 Eimer und 20 Quart Wein sowie 1 Eimer Branntwein ausgeschenkt.
Zum Beginn des 19. Jahrhunderts war das Rathaus immer noch ein den wirtschaftlichen Erfordernissen vorbehaltenes Zentrum. Erst nach dem von der Regierung genehmigten Verfassungsstatus im Jahre 1836, wurde das Rathaus nach und nach zum Verwaltungsmittelpunkt.

Unter 1836 enthält die Acta des Magistrats unter anderem einen Anschlag zur Errichtung zwei neuer Stuben und einer Küche in der Wohnung des Ratskellerpächters sowie eine Zeichnung der gesamten Wohnung des Jahres 1838.
Weiterhin enthielt die Acta einen Bauplan, den Anschlag und Rechnungen über Töpferarbeiten zur Aufstellung von Öfen.

1837 erfolgte erneut eine Reparatur des Rathausturmes.

1848 wurden die Geschäftsräume des Stadtkämmerers im Rathaus untergebracht. Gleichzeitig erfolgte der Abriss sowie Neubau des hinteren Teiles des Rathauses.
Im selben Jahr bis einschließlich 1878 war das Schwurgericht im Cottbuser Rathaus integriert.

Im April 1848 wurden infolge der Cottbuser Unruhen die Fenster des Rathauses eingeschlagen und schwere Zerstörungen im Gebäude vorgenommen. Durch das Läuten der Feuerglocke wurde die Stadtwehr alarmiert. In diesem Zusammenhang erfolgte die Befreiung der gefangenen Tagearbeiter Probst und During. Eine Woche später versuchten Demonstranten vergeblich, im Rathaus Feuer zu legen. Als Konsequenz wurde im Jahr 1849 eine Polizeiwache in den Räumlichkeiten des Rathauses eingerichtet.

 

Das “Alte Rathaus“ von 1849 bis 1946

Erst im Jahr 1849 wurde mit dem Generalumbau des Rathauses begonnen. Nach Abschluss des Umbaus bestand auch der achtkantige Rathausturm aus drei Teilen. Der 43,4 Meter hohe Turm war mit Haubendach, Laterne und offenen Glockengeschoss geschmückt.
In der Acta des Magistrats befand sich ein Plan für den Ausbau des alten Ratshausflügels inklusive der Flügeltüren in den Jahren 1849/1850. Entworfen wurde dieser vom Ratsherrn F. Liersch, mit einem Kostenvoranschlag, Skizzen und Zeichnungen vom Umbau sowie für einen Anbau 1851.

1850/51 besaß das Rathaus am westlichen Langbau eine neugotische Fassade mit Spitzbogenfenster. Diese wurden in den Jahren 1878/79 allerdings wieder entfernt.

Von Juli bis Oktober 1850 war der Ratskeller auf Grund von Bauarbeiten geschlossen.
In dieser Zeit wurde der große Bogen im Rathaus abgetragen sowie eine neue Turmtreppe eingebaut. Daraufhin kündigte der Pächter des Ratskellers, Christian Posch, die Pacht, da nach seiner Meinung der Bau der neuen Treppe im Turm die Kellergäste verscheuche.

1850/51 erfolgte dann der vollständige Umbau des westlichen Gebäudeteils, des sogenannten Langhauses in spätgotischer Architektur. Während des Umbaus wurde der mittelalterliche Westgiebel mit seinen Strebepfeilern durch einen Staffelgiebel ersetzt. Dieser Umbau kostete ca. 17.000 Taler.

1851 wurde ein Mietvertrag zwischen dem Magistrat und dem Kaufmann und Weinbergbesitzer, Friedrich-August Keyling, geschlossen. Dieser Mietvertrag beinhaltete die Nutzung der 4 nördlichen Kellerräume, als Lagerräume unter der großen Schankstube. Die Jahresmiete betrug 15 Taler. Der Ratskeller wurde ab diesem Jahr vom Tabakspinner, August Caspa, gepachtet.
In seinem Rückblick zur städtischen Verwaltung in den Jahren 1848-1923 schrieb der damalige Bürgermeister Dr. Varnhagen: “Wenn man vom Marktplatze das Rathaus betrat, so lag zur rechten Hand (jetzt Einwohnermeldeamt) der Ratskeller, so genannt, trotzdem er überhaupt nicht im Keller lag.“ Dies änderte sich im Juli 1895.

Im Mai 1851 fand im Cottbuser Rathaus die erste Schwurgerichtsversammlung statt.

Am 16. März 1852 führte die Handelskammer, nach Genehmigung des preußischen Königs, ihre erste Sitzung durch.

1872 wurden die Steuer- und Kämmereikasse sowie die Gewerbepolizei im Rathaus eingerichtet.

1875 wurden die Geschäftsräume des Steuererhebers im Rathaus untergebracht. Entsprechend der Einweihung des neuen Landgerichts 1877 wurde der Saal nicht mehr für die Schwurgerichtverhandlungen genutzt und war somit für die Sitzungen der Stadtverordneten frei.

1877 konnte im November das erste Telefon im Ratskeller besichtigt werden.
Dafür wurde im Ratskeller eine Anlage mit 30 Meter entfernten Sprechstellen zur Demonstration installiert.

1878 erfolgte die Versteigerung der beiden letzten Ratswaagen, die noch im 18. Jahrhundert mehrfach erwähnt wurden.

Das Alte Rathaus von Cottbus um 1880 auf einem Foto von Carl Metzner (Repro Stadtmuseum)

1880 trat der Oberbürgermeister, Leopold Jahr, in den Ruhestand. Dessen Nachfolger wurde Dr. Meyer, welcher bis 1892 das Amt bekleidete. Mit seinem Einzug ins Rathaus änderte sich vieles: Zum Beispiel erfuhr der Verwaltungsapparat eine sprunghafte Vergrößerung.
Der Beamtenkörper erhöhte sich von einst 20 Personen im Jahr 1861 auf 110 Personen bis zum Jahr 1891. Darunter befanden sich 31 Polizeibeamte. Als Oberbürgermeister drängte Dr. Meyer auf den Ausbau kommunaler Einrichtungen und sah in der Bildung eines Stadtbauamtes “sein Vollzugsorgan“.

1881 erfolgte die Errichtung eines Tageswachdienstes in der Polizeiwache im Rathaus.

Im August 1882 wurde die Kugel auf dem Rathausturm neu vergoldet. Dabei wurden in der alten Kugel Dokumente und ein Weißbierglas aus dem Jahre 1690 gefunden.
Im Oktober 1882 wurde eine Untersuchungsstation für Lebensmittel und Genusswaren eingerichtet.

Bezüglich 1883 sind in der Akte des Stadtarchivs Unterlagen über bauliche Angelegenheiten des Rathauses 1878–83 zu finden. Aufgelistet sind hier unter anderem der Kostenvoranschlag für den Ausbau des Rathaussaales mit Handskizze und Zeichnung, das Gardinenangebot für den Saal, ein Angebot zum Einbau eines Tresors, Zeichnung der Kämmereikasse und der Kostenvoranschlag für den Abputz der Rathausfassaden.

Aufzeichnungen und Unterlagen der Jahre 1884–94 beinhalten eine Zeichnung zur Errichtung des Raumes für die Registratur, eine Zeichnung über das Rathaus von 1889, Angebot und Zeichnung zum Sitzungssaal der Stadtverordneten sowie ein Projekt mit Zeichnung für einen zukünftigen Aktenaufzug im Rathaus.

1885/1886 wird laut Adressbuch der Vertreter des Münchener Augustinerbraü Max Goldstein als Inhaber des Ratskellers genannt.

Am 01. November 1886 wurde das Cottbuser Fernsprechnetz in Betrieb genommen.
Dafür hatte das kaiserliche Telegraphenamt im Oberboden des Rathauses einen Raum gemietet.

1887 erfolgte die Einrichtung der Ratsherrenstuben im Rathaus.

1888 wurden erstmals, anlässlich eines Jubiläums im Rathaus, die Brand-, Spritzen- und andere Meister der Feuerwehr empfangen. Diese rathäusliche Tradition wurde anlässlich runder Jubiläen fortgeführt. Weiterhin erfolgte 1888 mit der Einstellung eines Stadtbaurates die Erweiterung des Magistratskollegiums.

1889 erfolgte die Aufnahme des Fernsprechverkehrs zwischen Berlin, Görlitz, Forst, Guben und Spremberg.

1894 begann Paul Ernst Friedrich Werner aus Zeitz, als Oberbürgermeister für 20 Jahre alle Geschäfte im Amtsgebäude zu führen.

1894 lagen Vordrucke zur Bauerlaubnis für den Ausbau des Ratskellers zu Restaurationszwecken vor. Es wurden Angebote für Herde, Öfen, Tische, Linoleum und Fliesen eingeholt.
Die Einweihung des neuen Ratskellers im Rathaus fand am 13. Juli 1895 statt. Die Ablösung der alten Gastwirtschaft wurde aber bereits am 01. Oktober 1894 vollzogen.
Dazu ein Bericht vom Cottbuser Anzeiger: “Am Sonnabend Abend um 7 Uhr versammelten sich der Magistrat und die Väter der Stadt in den neuen Räumen des nunmehr wirklich den Namen ‚Keller‘ verdienenden Rathskellers, um denselben einzuweihen, Oberbürgermeister Werner wies in launigen Worten auf die Bedeutung des Trinkens für den Menschen überhaupt und für Stadtverordnete und Magistrat im besonderen hin.“

Um den Anforderungen einer modernen Gaststätte gerecht zu werden, wurde der Ratskeller in den Jahren 1894–1895, wie bereits erwähnt, umgebaut. Dazu gab es in den Bereichen, die direkt an das Rathaus angrenzten, größere Erdeingriffe. So wurden im Norden unterirdische Räume geschaffen, zu denen ein neuer Ratskellereingang wie auch Toiletten- und Belüftungsräume gehörten. An der Südseite wurden große Licht- und Luftschächte ausgehoben. Einer davon diente als Küchenzugang. Der Schankraum im Inneren erfuhr eine vollständige Renovierung des Gewölbes. In den westlichen Kellerräumen befanden sich zwei Kühlräume, die durch eine 20 cm dicke Wand aus Korkplatten isoliert wurden.
Das Rathaus war nicht nur ein Handelshaus, sondern besaß auch einen Raum der als Haftzelle für den „bürgerlichen Gewahrsam“ genutzt wurde.

1896: Die Acta des Magistrats enthält eine Zeichnung zur Trockenlegung der Abortanlagen, in zwei Zeichnungen eine Darstellung alter Mauerwerke, eine Zeichnung der Belüftung der Küche.

1903 fand anlässlich des 40-jährigen Bestehens der Feuerwehr ein Festumzug statt, der am Rathaus vorbeizog.

Im Mai 1906 erfolgte die Inbetriebnahme der städtischen Zentraluhrenanlage im Cottbuser Rathaus. Die dortige Normaluhr war mit der Potsdamer Sternwarte verbunden und somit für den Anschluss von bis zu 250 Uhren im Stadtgebiet ausgelegt.
Diese Uhr ist heute im Cottbuser Stadtmuseum zu besichtigen.

Ab Oktober 1908 hatte die alte Feuerglocke im Rathaus ausgedient. Der Grund dafür war die Fertigstellung der elektrischen Alarmanlage mit 28 öffentlichen Feuermeldern. Diese Anlage wurde von der Firma Siemens & Halske erbaut.

Am 09. November 1908 um 13:00 Uhr wurde der erste Probealarm durchgeführt. Dazu wurden insgesamt 27 Feuermelder im Stadtbezirk aufgestellt.
180 Feuerwehrleute erhielten einen Alarmwecker. Die Feuermeldezentrale befand sich in einem Raum der Städtischen Polizeiwache des Rathauses.

1914 kündigte Oberbürgermeister Paul Werner seinen Ruhestand an. Es kam zur Ausschreibung des Amtes. Nach dem Eingang von 75 Bewerbungen fiel die Wahl auf den Cottbuser Hugo Dreifert. Dieser war bereits in den Jahren 1894-1905 zweiter Bürgermeister der Stadt.

Im Januar 1916 fanden die Einweihung der zu nagelnden Rathaustür und der Beginn der Nagelung derselben statt. Dies erfolgte zur Unterstützung der kämpfenden Truppen. Da zu diesem Zeitpunkt die Bevölkerung zu Spenden für den Krieg aufgerufen wurde, hatte sie die Möglichkeit, mit einer bestimmten Geldsumme Nägel zu erwerben, und diese eigenhändig in die extra dafür hergestellte Tür zu nageln. Am Ende ergab dies eine „eiserne Tür“.
Die Akte des Stadtarchivs Cottbus beinhaltet unter anderem Angaben über die Beschaffung und Nagelung der Rathaustür von 1915 bis 1917. Vermerkt waren Angaben zu Spenden, Presseberichte, Angebote zur Herstellung der Tür, ein Preiskatalog für Ziernägel sowie Belege zur Abrechnung betreffs der Nagelung.

1920 erfolgte die Ausstattung des Rathausturms mit elektrischen Uhren, einer Feuermeldeeinrichtung und 3 Glocken.

Wie in Aufzeichnungen zu lesen ist, waren im Jahr 1921 folgende Behörden im Rathaus untergebracht: „Amtszimmer des Oberbürgermeisters, Amtszimmer des Bürgermeisters, Amtszimmer des Stadtarztes, Büro der Stadtverordnetenversammlung, Kämmerei- und Forstkanzlei, Schulbüro, Wohlfahrtsamt, Botenmeisterei, Einwohner-Meldestelle, Wahlbüro, Polizeiwache, Steuerkasse, Stadthauptkasse, Rechnungsstelle sowie die Finanzkanzlei.“

Da es im Dezember 1925 bei den Zuhörern der Stadtverordnetenversammlung zu Tumulten kam, wurde die Tribüne vor dem alten Rathaus gewaltsam geräumt.
Der Grund dafür war eine Diskussion über Bargeldleistungen an Arbeitslose.

Im Jahr 1929 ist dieses Rathaus im Sinne der Zeit versachlicht und umfassend modernisiert worden.

Im März 1933 marschierten Nationalsozialisten vor dem Rathaus auf und hissten die Hakenkreuz-Fahne. Das Stadtparlament, welches noch am Vortage gewählt wurde, wurde beurlaubt.

 

1937 waren Verwaltungsbereiche wie das Verkehrsamt der Stadt Cottbus, Stadthauptkasse, Steuerkasse und die Jugendgruppe der NSDAP im “Alten Rathaus“ untergebracht.
Im selben Jahr wurde die alte Feuerglocke vom Rathausturm in das Cottbuser Heimatmuseum, welches sich zu dieser Zeit im alten Gymnasium am Oberkirchplatz befand, gebracht.
Dieses “Alte Rathaus“ verfügte über eine ganz besondere Ratshausuhr. Sie besaß nicht nur charaktervolle Stunden- und Minutenzeiger, sondern auch eine Angabe des Mondstandes.

Altes Rathaus nach Bombenangriffen. Fotosammlung des Stadtarchivs Cottbus

Am 21. April 1945 um 13:30 Uhr erhielt das alte Rathaus im Zuge der Kampfhandlungen einen Treffer und brannte aus. Um Mitternacht stürzte die Zwiebelkuppe, die Glocke mit sich reißend, nach unten. Dem Kirchturm erging es am Ende des letzten Krieges gleichermaßen schlecht. Dieser erholte sich nach 40 Jahren wieder, allerdings fehlte dem Rathausturm die Lobby für einen Wiederaufbau. Das stark beschädigte Bauwerk wurde im Jahre 1946 wegen Einsturzgefahr abgerissen.

1948 erfolgte dann der Abriss der Ruine des alten Rathauses auf dem Altmarkt. Zur selben Zeit wurde das Gebäude am Neumarkt in vereinfachter Form wieder aufgebaut.

Die alte Feuerglocke, welche sich seit 1937 im alten Gymnasium befand, wurde 1946 aus dessen Trümmern geborgen und in das neue Museum nach Schloss Branitz gebracht.
Ab 1991 befand sich diese Feuerglocke im Cottbuser Stadtmuseum. Gegenwärtig hat sie im neuen Stadthaus am Erich-Kästner-Platz einen würdigen Standort gefunden.

Zitat:Mit diesem schönen Allten Rathaus prägten einst zwei Türme die Silhouette der Stadt Cottbus. Zum einen der von der gewaltigen Oberkirche St. Nikolai und zum anderen der etwas zierlichere des Rathauses. Sie waren sich äußerlich zumindest am Kopfende ähnlich. Beide trugen eine barocke Haube mit einer offenen Laterne darüber. Sie symbolisierten beide die Hauptkräfte der Stadt. Daraufhin wurde sogar gesagt: ‚Beide Türme hatten etwas Geschwisterliches an sich‘.
Genutzt wurde das “Alte Rathaus“ für die Verwaltung, die Justiz und den Ratsweinkeller. Seit dem Mittelalter beherbergte dieses Rathaus Verkaufsräume, wie die Brotbänke der Bäcker, die Fleischbänke der Fleischer und den sogenannten Tuchmacherboden der Gewandschneider und Tuchmacher. In massiven Anbauten, welche Scharren genannt wurden, verkauften unter anderem die Fleischer ihre Ware. Gleichzeitig war im Rathaus der städtische Getreideboden untergebracht.“ 

 

Sonstiges

Die Reste des Ratskellers, welcher sich unter dem alten gotischen Flügel des Rathauses (heute Mitte Altmarkt) befand, konnten nach 1990 bei der Modernisierung des Altmarktes noch besichtigt werden.

1999 erfolgte eine flächige Hauptuntersuchung auf dem Altmarkt in Cottbus. Bei einer achtwöchigen Grabung wurde die 1000 m² große Fläche des ersten Bauabschnittes untersucht und zum Kellergewölbe folgendes festgestellt: “Der Keller des Rathauses bestand aus einem fast quadratischen Gewölbesaal mit etwas über 11 m Seitenlänge, einem quer rechteckigen Raumkomplex westlich davon und zwei länglichen, tonnenüberwölbten Räumen ganz im Westen. Der große quadratische Saal hatte schon seit dem Mittelalter als Schankraum gedient. Es handelte sich um einen zweischiffigen Saal mit jeweils drei Jochen. Die Rippensteine wiesen eine birnenförmige Verzierung auf, die Bögen zwischen den Pfeilern bestanden aus halbrunden Ziegeln“.

 

Quellen

„Denkmale in Brandenburg – Stadt Cottbus„, Irmgard Ackermann, Marcus Cante, Antje Mues, Wernersche Verlagsgesellschaft mbH

„Heimatkalender 2001“, Redakteur: Hans-Hermann Krönert

„Cottbuser Blätter“ / Sonderheft 2001, Autor: Steffen Krestin

„Cottbuser Blätter“ / Sonderheft 2002, Autor: Steffen Krestin

„Leute aus Cottbus“ von Heinz Petzold

„Cottbus 1156 – 2006“, Autoren: Arielle Kohlschmidt, Siegfried Kohlschmidt, Thomas Kläber

“Der Cottbuser Marktplatz“, Autor: Steffen Krestin

“Cottbuser Blätter Sonderheft 2002“, Autor: Steffen Krestin

“Cottbuser Heimatkalender 2011“, Redaktion: Christian Friedrich

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