Modellstadt Cottbus – Sanierungsgebiet (Teil 1)

 

 

Inhaltsverzeichnis

1

Einleitung
2 Cottbus im Überblick
3 Strategie der modellhaften Stadterneuerung
4 Rahmenplanung und Leitlinien
5 Wohnen in der Innenstadt
6 Leitlinien der Verkehrsentwicklung
6.1 Mobilität und Stadtentwicklung
6.2 Das Fußwegnetz
6.3 Radfahren in der Innenstadt
6.4 Autoverkehr
6.5 Mit Bussen und Bahnen in die Innenstadt
6.6 Emmissionsschutz
7 Grüne Stadt Cottbus
7.1 Das Grün als Standortfaktor
7.2 Das Grün von damals
7.3 Bedeutung der „Grünen Stadt“
8 Teilaufhebung und Abschluss der Sanierungsarbeiten
9 Chronik Sanierungsgebiet Modellstadt Cottbus – Innenstadt (im Artikel Teil 2 Chronik)
10 Bildergalerie vor- & nach der Sanierung (im Artikel Teil 2 Chronik)
11 Rundgang Modellstadt Erkundung (im Artikel Teil 2 Chronik)

 

1. Einleitung

Sanierungsgebiet Modellstadt Cottbus – Innenstadt

 

Im Jahr 1991 wurde Cottbus zur Modellstadt im Städtebauförderungsprogramm der Bundesrepublik Deutschland. Dieser ausgewählte Kreis von Städten erarbeitet im Rahmen des Programms der städtebaulichen Erneuerung in den neuen Bundesländern modellhafte Lösungen, die auch für andere sanierungswillige Kommunen von großer Bedeutung sind.
Anfang des Jahres 1992 hatte Cottbus rund 130.000 Einwohner. Tagebau und Energieerzeugung waren trotz des raschen Strukturwandels nach der Wende immer noch die tragenden Wirtschaftssäulen der Stadt und Region. Der Ausbau als Verwaltungs-, Dienstleistungs- und Universitätsstandort stand erst am Anfang. Die jahrzehntelange Vernachlässigung großer Teile der Altstadt und der Gründerzeitquartiere hatten deutliche Narben im Stadtbild hinterlassen. Altbauten, die der Abrissbirne entkamen, standen leer und verfielen zusehends. Mit den sich ausbreitenden Einkaufszentren am Rande der Stadt bekamen die innerstädtischen Handels- und Dienstleistungsbetriebe einen äußerst harten Konkurrenten im Wettbewerb um die Gunst der Kunden. Der Startschuss zur baulichen, freiräumlichen und nutzungsstrukturellen Profilierung der Innenstadt wurde im Frühjahr 1992 mit der förmlichen Festlegung als Sanierungsgebiet gegeben.

In das Sanierungsgebiet Modellstadt Cottbus sind in den vergangenen 25 Jahren 84 Millionen Euro Fördergeld investiert worden. Die Modellstadt Cottbus ist mit rund 125 Hektar das zweitgrößte Sanierungsgebiet in Deutschland. Rund 360 öffentliche und private Gebäude wurden seit dem Start des Projektes im Jahr 1992 saniert. Hinzu kommen rund 80 Neubauten und rund 160 neu gestaltete Straßen, Wege, Plätze und Grünanlagen.
Das Fördergeld, was in die Cottbuser Innenstadt floss, wird jeweils zu einen Drittel von Stadt, Land und Bund finanziert. Das zog private Investitionen nach sich, die nach Schätzungen das sechs- bis achtfache des Fördergeldes umfassen.
Die Investitionen wurden Ende 2017 aufgehoben. Das Innenstadt-Umfeld wurde durch die öffentliche Hand aufgewertet und der Wert der einzelnen Privatgrundstücke steigt an. Den Grundstückseigentümer erwartet eine Forderung auf eine Ausgleichszahlung. Die Stadt rechnet aus den Ausgleichsbeträgen mit Einnahmen von drei bis dreieinhalb Millionen Euro. Das Geld wurde im Frühjahr 2018 in das noch verbliebene Sanierungsgebiet investiert. Dazu zählen der Oberkirchplatz, die Flaniermeile entlang der Stadtpromenade und die Umgestaltung des Postparkplatzes.
Das Geld aus den Modellstadt-Ausgleichsbeträgen sollte bis Ende 2019 ausgegeben werden. Sonst muss Cottbus zwei Drittel davon an Land und Bund abgeben.
Erfolge der intensiven Sanierungsarbeit sind weithin sichtbar. Die Innenstadt wird als Wohnstandort, Touristenziel, Arbeitsstätte sowie Ort für Kultur und Freizeit immer besser angenommen.
Wie sich die Innenstadt am Ende des Sanierungsprozesses präsentieren wird, ist aus heutiger Sicht nur zum Teil absehbar. Die erfolgreich abgeschlossenen und noch zu Ende führenden Maßnahmen sind ein guter Grundstein, auf dem sich aufbauen lässt.

Verweise:
https://daten2.verwaltungsportal.de/dateien/seitengenerator/lr_2017_10_25_verderben_viele_koeche_den_brei.pdf
Modellstadt Cottbus-Innenstadt, Heft 1, Vier Jahre Stadterneuerung, 
Herausgeber: Baudezernat Stadt Cottbus, Juni 1995
Modellstadt Cottbus-Innenstadt, Heft 7, Zehn Jahre Stadterneuerung
Herausgeber: Baudezernat Stadt Cottbus, Juni 2001

2. Cottbus im Überblick

Die Siedlungsgeschichte von Cottbus reicht bis ins 4. Jahrhundert zurück. Zum ersten Mal wird der Name Chotibus in einer Urkunde aus dem Jahr 1156 erwähnt. Im 13. Jahrhundert erfolgte die planmäßige Anlage des Ortes. Im heutigen Zentrum der Stadt sind deren Strukturen noch erhalten. Von den ersten Siedlungsanfängen auf einem künstlich erhöhten Hügel, dem Schloßberg, entwickelte sich Cottbus von einem Marktflecken und Handelsstützpunkt zur Stadt der Tuchmacher und Leineweber im 16. Jahrhundert.
Im Jahr 1600 geht fast die gesamte Stadt in Flammen auf. Schloß, Kirche, Rathaus und Schule werden Opfer des Feuers. 1671 brennt die Stadt ein weiteres Mal nieder. Der Dreißigjährige Krieg 1618 bis 1648 fordert ebenfalls Opfer.
Im 18. Jahrhundert kam der Aufschwung in die Stadt. Die Hugenotten gründeten 1701 eine französische Kolonie. Sie führten die Tabakspinnerei, Strumpfwirkerei und Lohgerberei ein. 1718 beginnt die Seidenproduktion. Die Tuchindustrie erfährt einen eindrucksvollen Aufschwung und bestimmt bis in die achtziger Jahre des 19. Jahrhunderts die Entwicklung der Stadt. 1726 wird die Cottbuser Neustadt angelegt, sie wird zum Mittelpunkt der zugewanderten Gerber, Strumpfwirker und Tuchmacher.
Industrialisierung und Braunkohleabbau im 19. und frühen 20. Jahrhundert bewirkten das kräftige Wachstum zur Industriestadt. Die erste Fabrikspinnerei wird eröffnet. 1950 beginnt der Braunkohleabbau, der sich zur wichtigen Grundlage der Cottbuser Wirtschaft entwickelt.
Um die Bedeutung der Stadt als Handelsort zu stärken wird Cottbus 1867 an das Eisenbahnnetz angebunden. Die Bahnhofstraße wird innerhalb von zwei Jahrzehnten vom unbefestigten Feldweg zur verkehrsreichsten Straße der Stadt.
Die Altstadt wird für die schnelle Entwicklung allmählich zu eng. Vor den Toren der Stadt ziehen neue Produktionsstätten und Wohngebiete einen Funktionswandel nach sich. 1872 erfolgt eine großflächige Stadterweiterung durch die Eingemeindungen der Mühleninsel, des Schloßgebietes, des Bonnasken- und Lukasfeldes. Handels- und Verwaltungsfunktionen konzentrieren sich in die Innenstadt.
Die Einwohnerzahl steigt stetig an, an der industriellen Orientierung der Stadtentwicklung ändert sich bis ins 20. Jahrhundert hinein nichts Grundsätzliches.
Nach dem 2. Weltkrieg, der zu schweren Schäden im Stadtbild führt, beginnt in den 50er Jahren ein weiterer Abschnitt der geschichtlichen Entwicklung. Cottbus gewinnt als Bezirksstadt und wichtiger Energieproduzent der DDR überregionale Bedeutung. Die Einwohnerzahl verdoppelt sich zwischen 1950 und 1980 auf 120.000. Maßstäblich verantwortlich für den beginnenden wirtschaftlichen Aufschwung sind der Braunkohleabbau, der Maschinen- und Anlagenbau und die Textilindustrie. Der 1952 im Zuge der Gebietsreform gegründete Bezirk Cottbus verfügte mehr als 50% der abbaubaren Braunkohlevorkommen der DDR.
Städtebaulich entwickelt sich die Stadt im Bau großer Wohngebiete und Betriebe vor allem außerhalb der Innenstadt. Zwischen dem gründerzeitlichen Quartier im Westen und der Altstadt schiebt sich langsam eine vollkommen neue Struktur nach dem damaligen Leitbild der gegliederten und aufgelockerten Stadt.
Eine weitere Phase der Entwicklung erfolgt nach der Wende 1990. Cottbus wird als zweitgrößte Stadt im Land Brandenburg ein wichtiges regionales Oberzentrum in günstiger Lage zu den osteuropäischen Nachbarstaaten. Braunkohleabbau und Energieerzeugung bleiben trotz des tiefgreifenden wirtschaftsstrukturellen Wandels tragende wirtschaftliche Säulen, wo sich gleichzeitig neue Perspektiven als Hochschul- und Dienstleistungsstandort eröffnen.

Verweis:
Modellstadt Cottbus-Innenstadt, Heft 1, Vier Jahre Stadterneuerung,
Herausgeber: Baudezernat Stadt Cottbus, Juni 1995

3. Strategie der modellhaften Stadterneuerung

Die Stärkung bzw. Erhöhung der Attraktivität der Cottbuser Innenstadt ist Hauptaufgabe der Sanierungsmaßnahmen. Dieses gilt für die Stadt selbst sowie für die Region Südbrandenburgs.
Das Stadtzentrum ist prädestiniert dafür kleinteilige Nutzungen, einschließlich höherwertige Einzelhandelsangebote und verschiedene Dienstleistungen mit überörtlicher Reichweite aufzunehmen.

Höherwertiges Geschäft am Brandenburger Platz. Foto: T. Glatzer

Die Altstadt ist der Raum, auf den sich die meisten Sanierungsaktivitäten konzentrierten. Sei es im öffentlichen Hochbau, bei der Neugestaltung und Anlage von Straßen, Plätzen und Wegen, der Sanierung bestehender Gebäude oder im Neubau von Wohn- und Geschäftshäusern. Der hohe Anteil vermieteter Flächen, zumindest in den guten Lauflagen, sowie der Handel mit höherwertigen Waren weisen darauf, dass das historische Stadtzentrum grundsätzlich Entwicklungsperspektiven als überörtliches Zentrum hat.

Das Baudenkmal der Bürger-Töchterschule, später Carl-Blechen-Schule, wurde mit dem Bau des Blechen-Carrés in das Einkaufszentrum integriert. Foto: T. Glatzer
Foto: T. Glatzer

Neben den baulichen Maßnahmen wurden auch andere Maßnahmen zur Verbesserung der Versorgungs-, Erlebnis- und Aufenthaltsqualität ergriffen. Die für die Zentrumsqualität nicht unproblematische Etablierung von Spielhallen und ähnlichen Vergnügungsstätten wurde in einer für alle Seiten verträglichen Form geregelt.
Das neue Stadtzentrum, das sich von der Puschkinpromenade/Friedrich-Ebert-Straße bis zur Karl-Liebknecht-Straße erstreckt, steht in seiner Grundfigur, in seinen Siedlungsalter und in der Maßstäblichkeit im Kontrast zur Altstadt.
Das Cottbuser Stadtzentrum muss sich mit der Entwicklung einer höherwertigen Versorgungsstruktur von der direkten Konkurrenz zu den am Stadtrand gelegenen Verbraucherzentren hervorheben. Die Orientierung sollte dabei nicht nur auf höherpreisigen oder langlebigeren Produkte liegen. Verbesserungen in der Beratung und im Service, bei der Schaufenster- und Fassadengestaltung, in der Warenpräsentation, in der Zielgruppenorientierung, Kultur, Unterhaltung und der Einhaltung einheitlicher Verkaufszeiten sind weitere geeignete Maßnahmen. Mittel- bis langfristig wird sich das Angebot vorrangig auf typische innerstädtische Angebote ausrichten.

Foto: T. Glatzer

Die innerstädtischen Produktionsstandorte haben in den letzten Jahren im Zuge des radikalen wirtschaftlichen Strukturumbruchs ihre ursprüngliche Funktion verloren. Durch die schwierigen Eigentumsverhältnisse und den dadurch eingeschränkten Förderungsmöglichkeiten waren diese Standorte nicht im Vordergrund der Sanierungsarbeit. Bei Gebäuden, die eine zwischenzeitliche Nutzung erfahren haben, konnte ein Verfall durch mangelnde Instandhaltung und Vandalismus sowie eine Imagebeeinträchtigung des Umfeldes weitestgehend verhindert werden.
Die ehemaligen Produktionsstandorte bieten in der Regel ein ungewöhnliches Nutzungspotential, das von verschiedenen kulturellen Nutzungen, Sport-, Freizeit- und Entertainmentnutzungen, über alternative und besondere Wohnformen, Nutzungen für Kleingewerbe, Handwerk und werkstattgebundenen Service- und Dienstleistungsunternehmen, bis hin zu exquisiten Möbelhäusern reichen kann.

Verfallendes und Saniertes Gebäude der ehemaligen Produktionsstätten der Tuchfabrik Cottbus an der Franz-Mehring-Straße.
Foto: T. Glatzer
Teilsanierte ehemalige Produktionsstätte der Tuchfabrik Cottbus in der Briesmannstraße. Foto: T. Glatzer
Der 1912 fertiggestellte Bau der Tuchmacherei Michovius.

Bis 1989 wurde das Gebäude als Großhandelsgenossenschaft für Textilien genutzt. Nach der umfassenden Sanierung in den Jahren 2012/13 entstand ein moderner Wohn- und Geschäftskomplex mit Eigentumswohnungen, Arztpraxen und Büroräumen.

Foto: T. Glatzer
Foto: T. Glatzer
Foto: T. Glatzer

Alte Tuchfabrik an der Franz-Mehring-Straße. 1759 durch den Färber und Tuchmacher Wilhelm Ruff erbaut. Zu DDR Zeiten u. a. als Teppichfabrik und Pharmazeutischer Großhandel genutzt. Die spätere Planung eines Kinos wurde durch unklare Grundstücksverhältnisse verworfen. Die Fabrik wurde entkernt und ausgebaut. Heute befinden sich kleinere Unternehmen und ein Callcenter in dem Gebäude.

Verweis:
Modellstadt Cottbus-Innenstadt, Heft 3, Strategie für eine modellhafte Stadterneuerung
Herausgeber: Stadtverwaltung Cottbus, Baudezernat – Amt für Stadtentwicklung und Stadtplanung
Karl-Marx-Straße 67, 03044 Cottbus 1997

4. Rahmenplanung & Leitlinien

Der Rahmenplan ist die planerische Grundlage, mit der gestalterische und funktionale Maßnahmen im Sanierungsgebiet koordiniert und effizent durchgeführt werden können.
Die Rahmenplanung dient den Planungsbehörden und politischen Entscheidungsträgern, aber auch Eigentümern und Investoren als Leitlinie und Entscheidungshilfe. Sie ist die planerische und strategische Grundlage für die Entwicklung besonders komplexer Maßnahmenbereiche im Sanierungsgebiet. Dazu zählen u. a. Brachflächen, größere Baulücken, leerstehende Fabrikgebäude und Wohnkomplexe.

Foto: T. Glatzer
Foto: T. Glatzer

Fabrikantenvilla am Ostrower Damm 17. Um 1888 für den Tuchfabrikant Hilpert erbaut und nach 1946 zur Cottbuser Tuchfabrik unbenannt. Anfang 1990 erfolgte die Schließung der Fabrik. Der Gebäudekomplex wurde abgerissen. Der Rest durch die e. G. Wohnen zu Wohnungen und Arztpraxen umgebaut. Im Hintergrung entstehen ebenfalls durch die e. G. Wohnen an der Franz-Mehring-Straße Wohn- u. Geschäftsräume.

Der Cottbuser Stadterneuerungsprozess zeichnet sich von Anfang an durch eine modellhafte, integrative Herangehensweise aus. Die Abstimmung auf kurzen Wegen zwischen den zuständigen Servicebereichen der Stadtverwaltung, Institutionen und Antragstellern, integrative Planungsverfahren, nachvollziehbare Planungskonzepte sowie die unmittelbare Einbeziehung der Öffentlichkeit werden durch die Stadt Cottbus genutzt.

Für den verbleibenden Sanierungszeitraum in der „Modellstadt Cottbus – Innenstadt“ wurde der Rahmenplan letztmalig in 2017 fortgeschrieben. Unter Berücksichtigung der seit der 7. Fortschreibung im Jahr 2015 realisierten Maßnahmen und der Teilaufhebung der Sanierungsgebietssatzung, wurden die Planungsansätze konkretisiert und die Abgrenzung des verbleibenden Sanierungsgebiets berücksichtigt. Die Beschlussfassung der derzeit gültigen 8. Fortschreibung des Rahmenplans erfolgte im September 2017.

Acht Leitlinien der Rahmenplanung sind die Zielvorgaben der Innenstadtsanierung

1.

In der Innenstadt konzentrieren sich in vielschichtiger Weise die wichtigsten oberzentralen
Versorgungsfunktionen.

Cottbus besitzt als Oberstufenzentrum und Universitätsstadt eine herausragende Stellung in
Brandenburg. Die Bündelung zentraler Einrichtungen z. B. aus den Bereichen Handel und
Dienstleistungen in der Innenstadt gewährleistet eine Versorgung mit hoher Anziehungskraft und
Vielfalt.

2.

Die Zukunft der Innenstadtentwicklung liegt in ihren Unternehmen. Die Bestandspflege sowie die Förderung von Neuansiedlungen sind die Säulen einer nachhaltigen Wirtschaftsstruktur in der Innenstadt.
Die Innenstadt hat eine positive Bedeutung als Imagegeber für Unternehmen, die die besondere Ausstrahlung, die Angebote im Umfeld und die günstige Erschließung schätzen.

3.

Im Rahmen der Innenstadtentwicklung werden Nachhaltigkeit, Klimaschutz und Stadtökologie Berücksichtigt. Nachhaltige Stadtentwicklung äußert sich u. a. durch die Vernetzung stadtökologisch und stadtklimatisch wirksamer Freiflächen, Entsiegelung, Begrünung, energie- und flächensparendes Sanieren und Bauen, die Förderung regenerativer Energiegewinnung oder die Stärkung umweltschonenden Verkehrs.

4.

Die Innenstadt ist ein Wohnstandort mit lebendigen Quartieren in verträglicher Mischung mit anderen Nutzungen. Durch zahlreiche Sanierungen und Neubauten ist es gelungen, die Innenstadt als Wohnstandort zu Stärken. Besondere Qualitätsmerkmale sind das attraktive Wohnumfeld, die kurzen Wege zu
Arbeitsstätten, Geschäften, Kultureinrichtungen oder Gastronomie.

 

 

5.

Durch ein dichtes Beziehungsgeflecht des öffentlichen Raumes sind die wichtigsten Orte und Funktionen gestärkt und miteinander verknüpft. Die Erlebbarkeit und Funktionsfähigkeit öffentlicher Räume und der Innenstadt wurde umfangreich verbessert. Zahlreiche neugestaltete Straßen, Wege, Plätze und Grünanlagen laden heute zum Flanieren, Erholen und Einkaufen ein.

6.

Die Cottbuser Innenstadt unterstreicht mit ihren überregional bedeutsamen und imageprägenden Naturräumen den grünen Charakter der Stadt.
Die Einbeziehung von Natur in den Stadtraum ist ein selbstverständlicher Bestandteil der Stadterneuerung. Dies spiegelt sich im Ausbau des Grünrings um die Altstadt, der Öffnung der Innenstadt zu den Naturräumen an der Spree und der umfangreichen Begrünung von Stadträumen wieder.

7.

Die in verschiedenen Epochen entstandenen Stadtstrukturen werden in ihrer charakteristischen Besonderheit bewahrt und zeitgemäß weiterentwickelt.
Der besondere historische Charakter der innerstädtischen Stadtquartiere wurde im Rahmen der Sanierung eindrucksvoll herausgearbeitet. Neubauten mit einer anspruchsvollen Architektur wurden als Impulsgeber für die Entwicklung der Innenstadt gefördert.

8.

Die Mobilität aller Benutzer der Innenstadt wird unter Berücksichtigung der Umweltverträglichkeit des Stadtverkehrs gesichert. Die besonderen Mobilitätsanforderungen behinderter Menschen werden berücksichtigt. Die Gewährleistung städtischer Mobilität für alle ist eine Voraussetzung für die Lebendigkeit der Innenstadt. Wichtige Ziele sind ein geschlossenes Alltags- und Freizeitnetz für Fußgänger und Radfahrer, ein attraktiver Bus- und Straßenbahnverkehr, aber auch ein stadtverträglicher Pkw- und Lkw-Verkehr.

https://modellstadt-cottbus.de/sanierungsgebiet/rahmenplan/

5. Wohnen in der Innenstadt

Das Wohnen in der Innenstadt erlebt eine Renaissance. Kurze Wege und eine gute Infrastruktur werden von vielen Menschen wieder als Ausdruck von Lebensqualität wahrgenommen. Die Cottbuser Innenstadt hat sich in den letzten Jahren infolge der mit großem Aufwand betriebenen Sanierungsmaßnahmen von neuem als begehrter Wohnstandort profiliert.
Die Altstadt steht nicht nur für das historische, mittelalterliche Cottbus. Im Zusammenwirken mit der Stadtpromenade, dem Blechen Carré und der Spreegalerie ist sie zugleich der Ort, wo sich zahlreiche Handels- und Dienstleistungsunternehmen sowie Restaurants, Cafés und Bars konzentrieren. Die Sanierungstätigkeit der letzten Jahre hat sich ausgesprochen positiv auf das Erscheinungsbild der Altstadt ausgewirkt. Wertvolle historische Bausubstanz konnte gerettet werden, viele Baulücken wurden geschlossen. Nach ihrer Aufwertung laden Plätze, Straßen und Gassen heute zum Bummeln und Verweilen ein.
Das kleinteilige Nebeneinander von Läden, Gaststätten, Büros und Wohnungen schafft eine lebendige Mischung, die für historische Altstädte heute nicht mehr selbstverständlich ist. Selbst in den Hauptgeschäftsbereichen Spremberger Straße oder Altmarkt ist der Wohnanteil hoch. In der Cottbuser Altstadt lebt damit eine Tradition der mittelalterlichen Stadt fort, das Neben- und Miteinander von Wohnen und Arbeiten. Auch die Quartiere in Plattenbauweise sind heute begehrte Wohnviertel der Altstadt.

Plattenbauten in der Klosterstraße mit Geschäften und historischer Klosterkirche Foto: T. Glatzer
Foto: T. Glatzer

Das Gebäude Neustädter Straße 6 ist ein Musterbeispiel dafür, wie sich selbstgenutztes Wohneigentum in zeitgemäßer Architektur in das Miteinander der Altstadt einfügen kann. Mit seiner geringen Frontbreite von nur etwa 7 Metern und seiner Viergeschossigkeit repräsentiert es den Typ des mehrgeschossigen privaten Stadthauses. Mit seiner eigenständigen, modernen Architektursprache hebt es sich von den Nachbargebäuden ab, dennoch kommt es zu keinem gestalterischen Bruch. Eine Besonderheit des Gebäudes ist die Mischung von Wohnen und Arbeiten mit jeweils etwa 150 Quadratmetern Nutzfläche.

Neustädter Straße 6. Foto: T. Glatzer

Auch für Kaufobjekte besteht in der Innenstadt ein Markt, wenn auch nicht im gleichen Umfang wie für Mietobjekte. Eine wichtige Käufergruppe sind Investoren, die Wohngebäude erwerben, sanieren und Wohnungen vermieten. Vor dem Hintergrund der hohen Nachfrage nach Mietwohnungen hat sich eine hochwertige Sanierung von Innenstadtgebäuden bislang finanziell bezahlt gemacht.
Der Markt für selbstgenutzes Wohneigentum ist dennoch sehr überschaubar. Er umfasst hochwertige Wohnungen in oberen Etagen von vier- oder fünfgeschossigen Gebäuden sowie Dachgeschoss- und Penthouse Wohnungen mit großen Terrassen. Diese Wohnungen lassen sich sowohl als Eigentumswohnung als auch als Mietwohnung gut vermarkten.
Die Nachfrage an Mietwohnungen in der Innenstadt liegt deutlich höher als das Angebot. Sanierte oder neu erbaute Wohnquartiere vermieten sich bereits vor ihrer Fertigstellung.

Miet- und Kaufwohnungen im Ostrower Wohnpark. Foto: T. Glatzer

Innerstädtische Mietwohnungen werden vor allem von zwei Hauptgruppen nachgefragt. Die eine sind gut gestellte Rentner und Besserverdienende. Sie bevorzugen Wohnungen in der Größe von 60 bis 90 Quadratmetern in ruhiger, möglichst auch grüner Lage. Die andere Gruppe sind Studenten, aber auch junge Berufstätige in Single- oder Paarhaushalten. Ihre Nachfrage konzentriert sich auf kleinere Wohnungen zwischen 40 und 50 Quadratmetern. Vor allem Studenten stören sich meist nicht am belebten Zentrumskern. Für beide Gruppen sind Balkone, eine Terrasse oder eine Loggia ein wichtiges Ausstattungskreterium.
Die Förderung des Wohnens in der Innenstadt ist nicht nur eine der nachhaltigsten Investitionen in die Stadtentwicklung sondern auch praktizierte Sozialpolitik. Mit der Förderung einer hohen Vielfalt innerstädtischer Wohnformen werden Lebensräume für ganz unterschiedliche Bevölkerungsgruppen geschaffen oder erhalten. Die Quartiersbindung der Menschen wird erhöht, einer Abwanderung entgegengewirkt. Die Innenstadt ist als intakter Wohnstandort auch nach Geschäftsschluss lebendig und vielfältig.
Zukunftsfähige Wohnformen sind vor allem das Stadthaus, das städtische Reihenhaus, die großzügige Etagen- und Maisonettenwohnung, aber auch die Loftwohnung.

Neubau von Wohn- und Geschäftswohnungen in der Franz-Mehring-Straße durch die eG Wohnen (2018). Foto: T. Glatzer

Verweis:
Modellstadt Cottbus-Innenstadt, Heft 8 Wohnen in der Innenstadt

Herausgeber: Stadtverwaltung Cottbus, Baudezernat, Amt für Stadtentwicklung und Stadtplanung
Karl-Marx-Straße 67, 03044 Cottbus.

6. Leitlinien der Verkehrsentwicklung

6.1 Mobilität der Verkehrsentwicklung

Mobil sein ist ein Grundbedürfnis des Menschen. Zu Fuß, mit dem Rad, motorisiert, je nach Zweck und Entfernung. Von Beginn an waren Menschen erfinderisch, wenn es darum ging, sich rascher und weiter zu bewegen, als die Natur es ihnen erlaubte. Der Entwicklungsstand und die Verfügbarkeit der Fortbewegungsmittel bestimmen die Struktur und Größe einer Stadt. Dieser Zusammenhang hat sich auch in der Entwicklungsgeschichte der Stadt Cottbus gezeigt.

Bis zum Jahr 500

Die Lage am Ufer der Spree auf einer Talsandkuppe. Weitgehend hochwasserfrei und eine Furt, die eine gute Möglichkeit für eine Überquerung darstellte, boten hervorragende Ansiedlungsmöglichkeiten und eine dauerhafte Lebensgrundlage für Mensch, Vieh und Ackerpflanzen. Die Mehrzahl der Wege waren zu dieser Zeit Fußwege, die dem Erreichen des Feldes, des Forstes oder der Weide dienten.

Bis zum Jahr 1200

Der beginnende Austausch von Waren und die Lage an der Furt waren günstige Voraussetzungen für die Entwicklung der Siedlung. Die ab dem 6. Jahrhundert zugewanderten Sorben errichteten Cottbus im 10. oder 11. Jahrhundert als Burgwall, in dessen Schutz eine Vorburgsiedlung östlich der heutigen Oberkirche und die umliegenden Dörfer Ostrow und Sandow entstanden. Die Größe der Ansiedlung wurde von dem vorherrschenden Verkehrsmittel, dem Zufußgehen bestimmt. In der Vorburgsiedlung gab es erste berufliche Spezialisierungen wie Töpfereien, Metall-, Leder- und Holzbearbeitung. Ortsbezogene Angebote dieser Art förderten den Handel und die Entstehung eines Marktes. In die frühe Ansiedlung führten Handelsstraßen. Es entstanden Beziehungen zu benachbarten Siedlungen. Für den Handel mit dem Umland wurden von Ochsen oder Pferden gezogene Fuhrwerke verwandt. Das frühe Cottbus wurde wohlhabender und expandierte.

Bis zum Jahr 1500

Die weitere Spezialisierung der Warenproduktion und die Besiedelung des Landes führten ab dem 13. Jahrhundert zu einer Stärkung der Wirtschaftskraft und zu einem Ausbau des Fern- und Umlandhandels. Der wichtige ökonomische Faktor Handel begünstigte zunehmend festgelegte Wegeführungen. Der heutige Altmarkt entstand als Handelsplatz an der Kreuzungsstelle von zwei wichtigen Handelsstraßen. Im Zuge der Ostkolonisation der Germanen wandelten sich die Strukturen der frühstädtischen Siedlung Cottbus in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts zu einer planmäßigen, von einer Befestigungsmauer umgebenen Stadtanlage zu Füßen der Burg. Die Größe der Stadt orientierte sich, neben einer guten Verteidigungsfähigkeit, nach wie vor an einer guten fußläufigen Erschließbarkeit.
Die Anlage umfasste in ihrer Ausdehnung etwa 600 m. Bei einer zugrunde gelegten Geschwindigkeit von 5 km pro Stunde war die Stadt in ca. 7 bis 10 Minuten durchschritten. Die flächenhaften Fußgängerbereiche vieler Städte spiegeln die Dimension der mittelalterlichen Stadtkerne wieder. Noch heute wird auch die Cottbuser Altstadt aus der Fußgängerperspektive als angenehm wahrgenommen.
Mit der Kernstadt entwickelten sich die vorgelagerten Dörfer Brunschwig, Sandow und Ostrow. Die Entfernung zum Handelsplatz der Stadt, dem Altmarkt, war wiederum auf Fußläufigkeit ausgelegt (600 bis 700 m). Die Zugänglichkeit in die Stadt sicherten Stadttore. Handwerker und Bierbrauer bekamen das „Meilenrecht“. Innerhalb einer Meile um die Stadt durfte nur Cottbuser Bier ausgeschenkt, bzw. es durften nur Cottbuser Produkte verkauft werden. Dieser Radius (etwa 1,5 bis 2 km) kennzeichnete den Absatzraum für alltäglich benötigte Waren oder Dienstleistungen. Seine Größe wurde durch die damaligen Transportmöglichkeiten, zu Fuß, mit dem Fuhrwerk oder Lasttier, beeinflusst.

Bis zum Jahr 1700

Wichtige Fernstraßen durchquerten die Stadt Cottbus, die Straße von Böhmen nach Berlin und von Schlesien nach Leipzig. Von besonders großer Bedeutung war seit Jahrhunderten die „Salzstraße“ von Magdeburg über Halle, Luckau, Vetschau, Cottbus nach Breslau. Ende des 17. Jahrhunderts wurden in Cottbus bedeutende Gassen und Plätze mit Feldsteinen befestigt. Die benachbarten Dörfer wuchsen bis an die Stadt heran. Die Ausdehnung des Siedlungsraums Cottbus betrug etwa 1,5 bis 2 km. Der Dreißigjährige Krieg bedeutete eine Zäsur in der Entwicklung der Stadt. Die Befestigungsanlagen wurden bedeutungslos. Die Stadtmauer hatte nur noch die Funktion einer Zollgrenze für den Handel.

Bis zum Jahr 1900

Ab ca. 1700 begann der Postverkehr. 1709 fuhr zweimal wöchentlich eine Postkutsche nach Berlin. Die Stadtmauer verlor nun auch als Zollgrenze ihre Bedeutung. Die fehlende Siedlungsbegrenzung förderte die Bildung von Vorstädten, zunächst noch in Fußläufiger bzw. Fuhrwerk-Entfernung. 1726 entstand in unmittelbarer Nähe der Stadtmauer die Neustadt, die über das Neustädter Tor mit der Altstadt verbunden wurde.
Mit der Industrialisierung veränderten sich die Bewegungsmöglichkeiten der Bewohner und die Struktur der Stadt. Die Bevölkerung zog in die Städte, um ihre soziale Lage zu verbessern. Um die arbeitende Bevölkerung an die Stadt bzw. die Fabrik zu binden, entstanden Arbeitersiedlungen. Kutschen wurden ab Mitte des 19. Jahrhunderts auch als Massentransportmittel eingesetzt. Sie gehörten zum allgemeinen Bild auf den Straßen, die innerhalb der Ringmauern nach und nach mit grobem Kopfsteinpflaster befestigt wurden. Seit 1766 existierte eine Straßenbeleuchtung mit 131 Laternen. Neunsitzige Postkutschen verbanden Cottbus mit seinem Umland.
1845/46 wurde die Stadt durch die Eröffnung der Strecke Berlin-Görlitz an das Eisenbahnnetz angeschlossen. Es folgten weitere Strecken in Richtung Dresden, Forst, Guben und Frankfurt/Oder. Cottbus wurde zum ersten Mal großräumig in ein landesweites Verkehrsnetz eingebunden. Die Eisenbahn war ein überragender wirtschaftlicher Faktor. In kurzer Zeit entwickelten sich repräsentative Stadtteile südlich des Bahnhofes und zwischen Bahnhof und Altstadt.
Anfang Mai 1888 wurde mit einer umfangreichen Polizeiverordnung das Radfahren „unter bestimmten Umständen freigegeben“. Der Straßenverkehr erhielt allmählich ein neues Gesicht. Am 1. Mai 1893 kam das erste Auto von Forst nach Cottbus. Im Mai 1899 wurde der öffentliche Verkehr auf der Spreewaldbahn im Abschnitt Cottbus-Burg aufgenommen.
Mit dem sonntäglichen Ausflugsverkehr entstand eine neue Art von Ortsveränderung. Mit Kutschen, Fahrrädern oder der Eisenbahn fuhr man zu Ausflugslokalen, Badeanstalten oder Parks in der Umgebung.
1900 hatte die Stadt Cottbus auf einer Fläche von 1.705 ha 45.167, 1910 bereits 48.421 Einwohner.

Bis zum Jahr 1945

1903 wurden die ersten Straßenbahnen in Betrieb genommen, ein Verkehrsmittel, das das Wachstum der Stadt forcierte. Stadterweiterungen im Süden und Westen wurden mit der Straßenbahn erschlossen. Eine verkehrlich herausragende Bedeutung hatte die Verbindung vom Bahnhof in die Innenstadt über die Bahnhofstraße. Folgerichtig entwickelte sich diese Straße zu einem Prachtboulevard mit attraktiven Wohn- und Geschäftshäusern. Brunschwig und Sandow wurden eingemeindet, die Straßenbahnen erreichten die Gemeindegrenzen von Ströbitz und Schmellwitz.
Die ersten Omnibusse fuhren in Cottbus aufgrund der Konkurrenz der Straßenbahn erst relativ spät. 1927 wurde der erste Linienbus auf der Strecke vom Brandenburger Platz zur Schulstraße in Sachsendorf eingesetzt. Die Pferdefuhrwerke waren weitgehend aus dem Stadtbild verschwunden. Das Automobil begann seinen Siegeszug. Der Kfz-Bestand betrug 1937 zwar nur 2.727 Stück, jedoch stieg diese Zahl rasch an. Im gleichen Jahr begann 1937 der Bau des Cottbuser Abschnittes der Reichsautobahn Berlin-Breslau, eine Maßnahme, die vorrangig der Kriegsvorbereitung diente. Die Anbindung von Cottbus an die weit entfernt liegende Autobahn konnte nur über den Ausbau von Zubringerstraßen gewährleistet werden. Hauptstraßen in der Stadt wurden den neuen Verkehrserfordernissen angepasst. Kreuzungen und Straßenräume wurden ausgebaut, Verkehrszeichen und Fahrbahnmarkierungen eingeführt. Trotz allem waren das Fahrrad und die Straßenbahn in dieser Zeit und lange danach die beliebtesten Verkehrsmittel.

Bis zum Jahr 1990

Ortsveränderungen mit den umwelt- und sozialverträglichen Fortbewegungsarten Zufußgehen, Radfahren und der öffentliche Personennahverkehr haben nach 1945 noch ein deutliches Übergewicht gegenüber dem Autoverkehr, der sich jedoch rasch entwickelte. 1962 kamen in Cottbus auf 1.000 Einwohner noch 27 Pkw, 1985 waren es bereits 202 Pkw. Als Reaktion auf die zunehmende Motorisierung wurden die verkehrspolitischen Zielsetzungen in stärkerem Maße auf den Erhalt der kompakten Stadt, die Förderung des Rad- und öffentlichen Personennahverkehrs sowie einen ökonomisch und ökologisch sinnvollen Ausbau des Straßennetzes ausgerichtet.
Die Innenstadt als Schwerpunkt von Handels-, Dienstleistungs-, Arbeits- und Freizeiteinrichtungen war auch während dieser Zeit ein Hauptziel der Verkehrsteilnehmer. Ende der 60er Jahre wurde es erforderlich, die Innenstadt, insbesondere den Ernst-Thälmann-Platz (jetzt Brandenburger Platz) vom Durchgangsverkehr zu entlasten und gleichzeitig die Fernstraße Spremberg-Guben aus der Innenstadt auf eine neue Straßenverbindung, den Stadtring zu verlegen. Die Brücken über die Spree im Zuge der Sandower Franz-Mehring-Straße wurden ausgebaut. 1968 wurde die Spremberger Straße für den allgemeinen Straßenverkehr gesperrt. 1974 wurde die Straßenbahn aus der Spremberger Straße herausgenommen und in die exponierte Lage der neugeschaffenen Stadtpromenade, dem Bereich zwischen Altstadt und dem neuen Stadtzentrum gelegt. Der Geschäfts- und Wohnkomplex außerhalb der ehemaligen Wallanlagen wurde als Ausdruck des Bedeutungszuwachses von Cottbus errichtet. 1976 erfolgte die Umgestaltung der Spremberger Straße zu einem „fußgängerfreundlichen Verkehrsbereich“.
1975 wurde mit dem Bau von großflächigen Wohngebieten mit hohen Wohndichten begonnen. Zuerst im Süden der Stadt, in Sachsendorf/Madlow und nach 1980 in Neuschmellwitz. Beide Großsiedlungen wurden durch vierspurige Hauptverkehrsstraßen an das vorhandene Straßennetz und damit auch an die Innenstadt angebunden. Die Wohngebiete wurden durch die Erweiterung der Netze und Linien an den ÖPNV angeschlossen. Die Siedlungen waren zugleich als eigenständige Wohnstätte mit sozialen Einrichtungen und Einkaufsmöglichkeiten konzipiert, so das wichtige Erledigungen auf kürzestem Wege zu Fuß oder mit dem Rad getätigt werden konnten. Die Ausdehnung des Siedlungsbereichs Cottbus von ca. 10 km in Nord-Süd-Richtung wurde durch die Wohngebiete nicht überschritten, jedoch verlagerten sich die Siedlungsschwerpunkte weiter zum Rand – mit allen Folgen zum Verkehr.

6.2 Das Fußwegnetz

Im Fußwegnetz der Cottbuser Innenstadt sollen Hauptbewegungsachsen durch eine attraktive Gestaltung einen entsprechenden Ausbau und die Vermeidung von Umwegen und Barrieren deutlich hervorgehoben werden. In den Fußgängerbereichen und verkehrsberuhigten Wohnstraßen der Innenstadt können sich die Grundbedürfnisse des sich zu Fuß bewegenden Menschen, wie sich treffen, Spielen, Bummeln, Schauen, Sitzen, im Freien Trinken und Essen, besonders deutlich entfalten. Die Umgestaltungen des Altmarktes, des Oberkirchplatzes, der Spremberger Straße, des Platzes am Stadtbrunnen, des Postparkplatzes und des Stadthallen Vorplatzes werden zu einer weiteren Aufwertung des Fußwegnetzes mit Magnetwirkung für die Innenstadt führen.

Umgestalteter Altmarkt. Foto: T. Glatzer
Neuer Fußweg zur Verbindung Spree Galerie → Stadthalle → Hauptpost → Blechen Caré. Foto: T. Glatzer

Leitelemente, wie Gassen, Alleen, Pflasterbeläge oder Raumkanten führen den Fußgänger durch die Stadt. Städtische Wahrzeichen wie der Spremberger Turm oder der Schloßturm sind attraktive Blickpunkte, die zum zum Spaziergang einladen. Attraktive Wege mit baulichen Höhepunkten und lebendiger Nutzung verkürzen subjektiv die Weglänge. Um Passanten den Weg zu Zielen der Innenstadt zu erleichtern, wurde an wichtigen Standorten wie Altmarkt, Berliner Platz und Oberkirchplatz ein Fußgängerleitsystem mit Wegweisern zu Sehenswürdigkeiten, Bildungsstätten, Behörden und Einkaufsstätten installiert.

Leitsystem für Radfahrer und Fußgänger am Berliner Platz. Foto: T. Glatzer

Auch der ÖPNV profitiert von einer Verbesserung der Bedingungen für den Fußgängerverkehr. Der Weg zur Haltestelle wird in erster Linie zu Fuß zurückgelegt. Der Zugangsbereich der Haltestellen soll zielgerichtet und attraktiv gestaltet werden.

Haltestelle Stadtpromenade. Foto: T. Glatzer

Von den Hauptstraßen werden attraktive fußläufige Verbindungen zur Altstadt und zum neuen Zentrum geschaffen. In diesem Sinne sollen u. a. die August-Bebel-Straße, die nördliche Roßstraße, die Neustädter Straße und die Gertraudenstraße entwickelt werden.
Die Umgestaltungsmaßnahmen in der Karl-Liebknecht-Straße/Franz-Mehring-Straße und in der Bahnhofstraße dienen der Verbesserung der Aufenthalts- und Verbindungsfunktion für Fußgänger und des Lebensraums der dort wohnenden Menschen. In Reaktion auf den hohen Fußgängeranteil werden die seitlichen Bewegungsräume bis 5 m breit ausgeführt. Die Verringerung der Kfz-Fahrbahnbreiten bewirkt eine Geschwindigkeitsreduzierung und damit eine Erhöhung der Sicherheit für beide Verkehrsteilnehmer. Begrünungsmaßnahmen verbessern das gestalterische Erscheinungsbild, das Stadtklima (Schattengebung und Staubaufnahme durch Bäume) und sie mindern zumeist subjektiv Lärmbelastungen. Durch die Umgestaltung werden Barrierewirkungen der Hauptverkehrsstraßen minimiert.
Im Zentrum besteht ein enges Beziehungsgeflecht zwischen fußläuferischer Erschließung und der Konzentration und Qualität zentraler Einrichtungen (Geschäfte, Dienstleistungen, Verwaltungen, Kultur, Gastronomie). Unattraktiv gestaltete Abschnitte oder Lücken im Angebot sind ein Grund, nicht weiterzugehen. Ein attraktives Fußwegnetz fördert eine lebendige Nutzungsmischung und unterstützt die Wirtschaft der Cottbuser Innenstadt.
Die Qualität der Fußläufigkeit der Innenstadt soll gemäß dem Leitbild einer „Stadt der kurzen Wege“ durch eine vielfältige Mischung von Wohnen, Arbeiten, Einkaufen und Freizeit unterstützt werden.

6.3 Radfahren in der Innenstadt

Cottbus gilt nach Magdeburg und Dessau als drittwichtigste Fahrradstadt der Großstädte der neuen Bundesländer. Durch den Ausbau der innerstädtischen Radwegeinfrastruktur soll der hohe Fahrtenanteil erhalten sowie dem Sanierungsziel der Förderung des Umweltverbundes Rechnung getragen werden.
Das Radfahren ist die geeignetste Fortbewegungsart zur Überwindung von Kurzstrecken bis etwa 5 km und damit äußerst innenstadttauglich. Im verdichteten Stadtkern lassen sich Wege zur Arbeit, zum Einkaufen und in der Freizeit mit dem Fahrrad oftmals schneller als mit jedem anderen Verkehrsmittel zurücklegen. Das Fahrrad hat längst sein „ Arme-Leute“ Image verloren. Hochwertige Räder sind zunehmend Prestigeobjekte. Wer möchte, kann heute für sein Rad mehr ausgeben als für einen gebrauchten Kleinwagen.
Eine direkte und attraktive Verknüpfung der Gesamtstadt mit der Innenstadt und die Geschlossenheit des Radwegnetzes sind die wichtigsten Voraussetzungen für die Akzeptanz für Umweg empfindliche Radfahrer. Der Rad-Durchgangsverkehr wird auf den beiden Velorouten und den Fernwanderwegen geführt. Der Rest zumeist in verkehrsberuhigten Anliegerstraßen.
Die Friedrich-Ebert-Straße als Teil der nordsüdlichen Veloroute ist als autofreie Mischfläche neu gestaltet worden. Die Straßenoberfläche gewährleistet eine problemlose Befahrbarkeit für Radfahrer. Am neu gestalteten Kreuzungspunkt Puschkinpromenade/Friedrich-Ebert-Straße geht der straßenbegleitende Radweg der westlichen Puschkinpromenade in Richtung Osten in eine Anliegerstraße mit Tempo 30 km/h über. Zugleich entstand eine geschwindigkeitsreduzierende Straßenverengung für den Autoverkehr.

Neu gestalteter Kreuzungsbereich Friedrich-Ebert-Straße/Puschkinpromenade. Foto: T. Glatzer
Verkehrsberuhigte Zone mit rot gefärbten Radweg in der Franz-Mehring-Straße. Foto: T. Glatzer

Im weiteren Verlauf der Velorouten wird die Verbindung Roßstraße/Taubenstraße in Parallelführung zur Bahnhofstraße/Straße der Jugend radfahrtauglich gestaltet.
Um eine geschlossene Nutzung der attraktiven Radwege an Spree und Mühlgraben zu sichern, werden verschiedene Bereiche miteinander verknüpft. Die errichtete Fußgänger- und Radfahrerbrücke in Verlängerung der Goethestraße und die Brücke über den Mühlgraben südlich der Gertraudenstraße tragen zur Vernetzung der Radwege bei. Auch kleine Einzelmaßnahmen, wie die Absenkung von Hochborden oder die Aufhebung von funktionalen Barrieren, wie Sackgassen, Einbahnstraßen unterstützen die Funktionsfähigkeit des Radnetzes wirkungsvoll.
Fehlende Radwege auf den innerstädtischen Hauptverkehrsstraßen und der große Geschwindigkeitsunterschied zwischen Kfz- und Radverkehr bedeuten eine akute Gefährdung der Radfahrer. Zum Selbstschutz benutzen sie häufig die Bürgersteige, was zu Konflikten mit Fußgängern und Autos an Ausfahrten führt. Zur Verbesserung der verkehrlichen Bedingungen für Radfahrer wurden in den Hauptverkehrsstraßen, wie Karl-Liebknecht-Straße und Franz-Mehring-Straße, im Zuge der Umgestaltung straßenbegleitende Radwege mit roter Einfärbung angelegt.

6.4 Autoverkehr

Das Auto hat nach wie vor für die Erschließung der Innenstadt eine tragende Funktion. Es ist das am häufigsten benutzte Verkehrsmittel für Kunden, Besucher und Beschäftigte, die die Stadtmitte erreichen wollen. Das Straßennetz der Stadt Cottbus hat eine Länge von 339 km, davon sind 43 km Hauptverkehrsstraßen.
Der Kfz-Anteil an den Gesamtfahrten hat sich in den letzten Jahren drastisch erhöht. Überlastungen im Straßennetz und Beeinträchtigungen der Aufenthalts- und Wohnqualität sind die Folge.
Das Hauptverkehrsstraßennetz wird schrittweise in ein Radialringnetz mit drei Ringstraßen umgestaltet. Der Außenring verbindet Wohn- und Gewerbegebiete im Umfeld und sichert die Anbindung an das überörtliche Netz. Der mittlere Ring (Stadtring) entlastet die Innenstadt und angrenzenden Siedlungsbereiche. Der innere Ring (Altstadtring) bestehend aus städtebaulich integrierten Hauptstraßen dient der Vermeidung von Durchgangsverkehr im Stadtzentrum und ermöglicht verkehrsberuhigende Maßnahmen in den Quartieren.
Das Auto besitzt unbestreitbare Vorteile. Es ermöglicht dem Autofahrer, im Gegensatz zu Bussen und Bahnen, die ständige Verfügbarkeit eines Fahrzeugs zu jeder Tages- und Nachtzeit. Die individuelle Wahl der Wege bringt eine verkehrliche Unabhängigkeit.
Fokussiert auf die Innenstadt stehen die Vorteile des Autofahrens in keinem Verhältnis zu seinen Nachteilen. Die Cottbuser Autofahrer benutzen im Durchschnitt nur etwa eine Stunde täglich ihr Fahrzeug, sie sind in den übrigen 23 Stunden mal mehr, mal weniger den Folgen von Lärm, Luftverschmutzung und Flächenversiegelung ausgesetzt. Ein mäßiger, auf notwendige Wege beschränkter und dem Gemeinwohl angepasster Gebrauch des eigenen Autos ist das Ziel der verkehrsplanerischen Einflussnahme. In der Innenstadt von Cottbus sollen die Straßen für Fußgänger, Radfahrer, Busse und Bahnen sowie Pkws zugänglich sein.

Angepasster Weg für Fußgänger, Radfahrer und Autofahrer in der Karl-Liebknecht-Straße. Foto: T. Glatzer

Bei den Planungen ist die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Innenstadt zu bewahren. Durch die konzentrierte Anordnung von Parkhäusern am Altstadtring, einem System von Einbahnstraßen und Straßenrückbaumaßnahmen im Bereich des Altstadtrings wird der motorisierte Individualverkehr gebündelt.

6.5 Mit Bussen und Bahnen in die Innenstadt

Straßenbahnen prägen seit 100 Jahren das Stadtbild der Cottbuser Innenstadt und sichern, später ergänzt durch Busse, die Mobilität der Bevölkerung. In der verdichteten Struktur der Innenstadt sind Busse und Bahnen aufgrund ihrer geringen Umweltbelastung, der hohen Verkehrssicherheit und der Leistungsfähigkeit eine wesentliche Voraussetzung für einen umwelt- und sozialgerechten Straßenverkehr.
Trotz der seit Jahren angespannten finanziellen Situation im ÖPNV sollen höhere Auslastungen der Busse und Bahnen in Cottbus erzielt werden. Um dieses Ziel nicht zu gefährden, ist zu beachten, das die Verbesserung der Eigenwirtschaftlichkeit des ÖPNV trotz erforderlicher Rationalisierungsmaßnahmen keine schwerwiegenden Nachteile für den Kunden nach sich zieht. Leistungseinschränkungen, z. B. bei Linienbedienung und Taktzeiten, sowie Fahrpreiserhöhungen sollen daher soweit wie möglich vermieden werden.
Straßenbahnen bieten viele Vorteile. Sie können gegenüber anderen Verkehrsmitteln sehr hohe Fahrgastkapazitäten aufnehmen. Sie sind das Verkehrsmittel mit der größten urbanen Verträglichkeit, sie verursachen kaum Lärm- und Luftimmissionen. Durch ihre bauliche Präsenz fördern sie das umweltfreundliche, lebendige Image der Cottbuser Innenstadt.
Das Straßenbahnnetz ist nach dem Prinzip von Durchmesserlinien organisiert. Jede Linie führt durch das Zentrum, dies bedeutet, daß an den wichtigsten Innenstadthaltestellen Umsteigemöglichkeiten bestehen. Keine der Straßenbahnlinien endet im Zentrum, alle haben zwei Radien. Dies hat für Fahrgäste den positiven Effekt, dass sie höchstens einmal umsteigen müssen, wenn Start und Ziel innerhalb des Einzugsbereiches liegen.
Die Straßenbahn ist mit ihrem dichten Streckennetz und der hohen Taktdichte das optimale Verkehrsmittel für die Erschließung der Cottbuser Innenstadt. Die Gleiskörper, Haltestellen der Straßenbahn und insbesondere die Knotenpunktbereiche sind so ausgerichtet, das sie auch von Bussen befahrbar sind. Dies schafft variable Einsatzmöglichkeiten bei der Linien- und Taktdichte sowie im Falle von Betriebsstörungen.

Haltestelle Stadtpromenade für Bus und Bahn. Foto: T. Glatzer

Auch die Busse verkehren nach dem Prinzip der Durchmesserlinien. Die innerstädtischen Hauptstraßen des Busverkehrs sind die Bahnhofsstraße und die Karl-Liebknecht-Straße/Franz-Mehring-Straße. An den Haltestellen August-Bebel-Straße und Stadtpromenade werden sie mit den Straßenbahnlinien verknüpft. Ziele sind die ständige Mitbenutzung von geeigneten Straßenbahngleiskörpern und Vorrangschaltungen an Lichtsignalanlagen adäquat zu den Straßenbahnen. Grundqualitäten der Busbedienung, wie dichte Taktzeiten, die Abstimmung auf das Straßenbahnnetz und die Erschließung eines möglichst umfassenden Einzugsbereichs sollen erhalten bzw. ausgebaut werden.

6.6 Emmissionsschutz

Der Autoverkehr ist die Hauptursache für Schadstoff- und Lärmbelästigungen in der Cottbuser Innenstadt. Durch die hohe Verkehrsdichte insbesondere auf dem Altstadtring gehört die Innenstadt zu dem am stärksten mit Luftschadstoffen belasteten Bereichen. Die gewachsene Struktur von Cottbus lässt eine Einhaltung verträglicher Werte in vielen Straßen nicht zu. Um den machbaren Rahmen für lärmreduzierende Maßnahmen auf möglichst effiziente Weise koordinieren zu können, wurde für Cottbus in Reaktion auf die Missstände ein Lärmminderungsplan aufgestellt.

Sensible Bereiche werden durch das Hauptstraßenvorrangnetz in Verbindung mit verkehrsberuhigten Bereichen geschützt. Um die Belastungen durch den besonders lärm- und schadstoffintensiven Schwerlastverkehr zu minimieren, wird für Cottbus ein Lkw-Vorzugsnetz mit genau festgelegten Routen und Tageszeiten ausgewiesen. Die Herausnahme des Durchgangsverkehrs, verkehrsberuhigende Maßnahmen, Geschwindigkeitsregelungen und Fahrbahnreduzierungen fördern eine angepasste Fahrweise und eine Temporeduzierung.
In Bereichen, in denen sich eine hohe Verkehrsbelastung auch in Zukunft nicht vermeiden lässt, etwa in den Straßen des Altstadtrings, wird durch die Umfeld Aufwertungen, wie Alleepflanzungen, Fassadensanierungen, Fahrbahnreduzierungen, Aufpflasterungen oder den Einbau von Straßenmobilar eine subjektive Minderung der Lärmbelastung erzielt. Vergleichbare Lärmstärken werden von den Anwohnern niedriger eingeschätzt, sobald sie in einer gut gestalteten Umgebung auftreten. Als besonders wirksam stellen sich dicht belaubte Straßenbäume heraus, die objektiv kaum ein Hindernis für Schallausbreitungen sind, jedoch durch das Verdecken der Fahrzeugströme und das „Naturerlebnis“ den individuellen Lärmeindruck stark vermindern. Bäume verringern darüber hinaus auch die Wirkung von bestimmten Schadstoffen. Sie binden Staub, absorbieren Kohlendioxid und verbessern das Kleinklima in der Stadt.

Straßenbäume in der Karl-Liebknecht-Straße. Foto: T. Glatzer

Verweis:
Modellstadt Cottbus-Innenstadt, Heft 5, Leitlinien der Verkehrsentwicklung
Herausgeber: Stadtverwaltung Cottbus, Baudezernat – Amt für Stadtentwicklung und Stadtplanung
Karl-Marx-Straße 67, 03044 Cottbus, Februar 1999

7. „Grüne Stadt“ Cottbus

7.1 Das Grün als Standortfaktor

Stadtbegrünung am Brandenburger Platz im Sommer. Foto: T. Glatzer
Bepflanzung im Spätsommer Sonnenuhr (Foto Sonnenuhr) an der Berliner Straße. Foto: T. Glatzer

Die Stadt Cottbus wirbt bundesweit mit ihrem Image als „Grüne Stadt“. Stadtgrün ist ein Standortfaktor, der Lebensqualität verspricht. „Wohnen im Grünen“, „Arbeiten im Grünen“ sind mittlerweile zu geflügelten Werbebotschaften geworden, mit denen Unternehmer und Wissenschaftler, aber auch Touristen, Häuslebauer und viele andere auf Cottbus aufmerksam gemacht werden sollen. Geht man durch Cottbus, fällt der Blick in den Straßen und Plätzen, in Wohnhöfen und auf Gewerbegrundstücken immer wieder auf Bäume und Sträucher, Klettergehölze und Blumenrabatten. Nicht nur der Pückler Park oder die städtischen Parks und Grünanlagen bestimmen das heutige Cottbuser Stadtbild. Vor allem das Grün auf den unzähligen Privatgrundstücken links und rechts der Straßen trägt zu dem Eindruck bei, das sich in dieser Stadt Natur und Siedlung noch im Einklang befinden.
Verständlicherweise sind die Flächenanteile unversiegelten, für Bepflanzungen zur Verfügung stehenden Bodens innerhalb des Sanierungsgebietes weitaus geringer, da nicht eine Gartenstadt mit Einfamilienhäusern, sondern ein Citybereich mit hoher urbaner Dichte städtebaulich aufzuwerten ist.

Fahrbahnbegrünung in der Karl-Liebknecht-Straße. Foto: T. Glatzer

Öffentliche Parks haben, von denen einige im Cottbuser Sanierungsgebiet liegen, eine wesentliche Bedeutung für das Stadtbild. Sie bieten dem Besucher Erholung und übernehmen eine ökologische Ausgleichsfunktion für die dicht bebauten City-Grundstücke. Den Reiz der Cottbuser Innenstadt machen die größeren und kleineren privaten Gartenflächen aus, die zum Teil über Jahrhunderte erhalten werden konnten oder mit der Neubebauung auf vielen Grundstücken angelegt wurden. Die Spannweite reicht dabei vom Apothekenhof am Altmarkt über den Pfarrhausgarten an der Getraudenstraße und die Vorgärten an der Puschkinpromenade bis zum Biedermeiergarten in der Lieberoser Straße.

Vorgärten in der Puschkinpromenade. Foto: T. Glatzer
Vorgarten Franz-Mehring-Straße 61 Fabrikantenvilla. Foto: T. Glatzer
Biedermeiergarten in der Lieberoser Straße 7. Foto: T. Glatzer

7.2 Das Grün von damals

Schon vor 1156, der erstmaligen urkundlichen Erwähnung der Stadt Cottbus, damals unter Herrschaft des Markgrafen von Meißen, waren die Ackerbauern nicht nur als Bau- sondern auch als Baumherren tätig. Sie pflanzten auf immer enger werdenden Höfen Bäume, ernteten Gemüse und lebten von und mit der Natur im Umfeld ihrer kleinen Siedlung,
Wirtschaftliche Notwendigkeit und eine entsprechende Kulturtradition wirkten in späteren Zeiten fort. Jedoch mussten auch die damaligen Cottbuser schon auf Freiflächen verzichten, wollten sie für das langsam aufblühende Handwerk Werkstätten und für die wachsende Bevölkerung Wohnraum schaffen.
Da ein Wachsen der Stadt nach außen nicht möglich war – das im 15./16. Jahrhundert ausgebaute Befestigungswerk der Stadtmauer begrenzte die räumliche Entwicklung – wurden Hausgärten teilweise zu Bauflächen umgewandelt. Aber selbst in dieser Zeit fanden Bäume noch Platz in engen Höfen, behielten die Bürger kleinere Gärten am Haus. Wer es sich leisten konnte, legte sich seinen Garten vor dem Stadttor an, wie es ein Blick auf den Stadtplan aus dem Jahre 1720 beweist. Öffentliches Grün, wie wir es heute kennen, gab es zu dieser Zeit nicht. Jeder Einzelne sorgte für seine grüne Umgebung nach seinen individuellen Möglichkeiten.

Noch im vorindustriellen Zeitalter differenzierten sich die Verhältnisse zwischen Bebauung und Grün weiter. Die zwingende Notwendigkeit, Bauten für die wirtschaftliche Tätigkeit und für das Wohnen vor allem im Schutze der Stadtmauer zu errichten, brachte einen Verlust an privaten Grünflächen in der immer dichter bebauten Stadt mit sich. Stadtwachstum drückte sich seit jeher durch bauliche Erweiterung aus. Sofern das durch Hinzunahme neuer Flächen am Rande der Siedlung nicht möglich war, führte die Erweiterung der Bebauung zu einer steigenden Verdichtung. Erst durch die planmäßige Stadterweiterung, die zum Zwecke der Ansiedlung von Tuchmachern, Färbern und Gerbern 1726 begonnen wurde, schuf sich die Stadt neue Entwicklungsräume und nahm etwas von dem baulichen Druck, der zur Verdrängung der wenigen Grünflächenanteile innerhalb der Mauern führte. Mit der Nutzung weiterer Flächen in den folgenden Jahrhunderten entspannte sich der Konflikt zwischen dem ständig steigenden Bauflächenbedarf und dem Wunsch nach einer grünen Umgebung zwar etwas, war aber bis heute nicht völlig zu lösen. In die moderne Stadtplanung hat aber die Erkenntnis Eingang gefunden, dass eine ausreichende Bauflächenbereitstellung und die Akzeptanz eines extensiven Stadtwachstums wesentliche Voraussetzungen sind, um privates Grün im Kernbereich der Stadt zu erhalten.

Heutiges Grün an der Stadtmauer. Foto: T. Glatzer

Mit dem Wegfall der Bedeutung der Stadtmauer und der Wallanlagen begannen sich auf diesen Stadtflächen interessante Entwicklungen zu vollziehen. Zwar wurden die Grundstücke innerhalb der Stadtmauern auch immer stärker überbaut und ließen nur noch wenig Raum für Pflanzungen, doch wurden ab Mitte des 18. Jahrhunderts rings um die Stadtmauer Flächen für die Anlage von Gärten an interessierte Bürger vergeben. Dank deren gärtnerischen Geschicks fand der nach Cottbus kommende Betrachter bald ein schön gestaltetes Panorama der Stadt vor, das allein durch die natürliche Lage und das private Grün bestimmt wurde.
Dem Ratsherrn Ruff, der sich nach 1831 um das ansprechende Aussehen der Stadt mühte, ist wohl auch die erste Initiative für öffentliches Grün zuzuschreiben, denn er initiierte nicht nur die Anlage von Privatgärten, sondern veranlasste auch die Pflanzung von Bäumen an den Wallanlagen, was man als die Geburtsstunde des öffentlichen Grüns in Cottbus bezeichnen kann.
Die Kunst, mit der Kraft der Bürger die Schönheit der Stadt zu steigern, beherrschte auch der Oberbürgermeister Werner, der mit großer Weitsicht die Tätigkeit des Verschönerungsvereins Cottbus förderte. Diesem privaten Verein, der 1872 gegründet wurde, verdankt die Stadt den Grundstock von öffentlichen Parks und Grünanlagen, die inzwischen im gesamten Stadtgebiet eine Fläche von 186 ha (ohne Branitzer Park und Tierpark) ausmachen und von denen ein beträchtlicher Teil die besondere städtebauliche Qualität des Modellstadtgebietes ausmachen.
Persönlichkeiten wie Ruff und Werner wussten um ihre begrenzten materiellen Möglichkeiten aber gleichzeitig um die immense positive Wirkung einer grünen Stadt. So spornten sie die Bürger an, ihren Beitrag zur Verschönerung der Stadt zu leisten. Gärten wurden angelegt und die Vorflächen der Häuser in einer oft bemerkenswerten Qualität gestaltet. Obwohl früher und heute der Öffentlichkeit nicht immer direkt zugänglich, prägten und prägen diese Gärten das Bild unserer Stadt.
Ein Beispiel für privates Engagement ist die aufgearbeitete Gartenanlage des 1828 erbauten Biedermeierhauses in der Lieberoser Straße. Dieses Zeugnis klassizistischer Gartenkunst erlebt seit 1995 seinen zweiten Frühling.
Leider kaum noch ahnen lässt sich dagegen die einstige Idylle im Garten des vom Tuchhändler Friedrich Lobedan um 1785 errichteten Hauses Breitscheidplatz 2. Beschauliche Ruhe geht dagegen noch heute vom Pfarrgarten des Hauses Gertraudenstraße 1 aus.

7.3 Bedeutung der „Grünen Stadt“

Als ehemaliger Energiebezirk Ostdeutschlands hat die Stadt Cottbus gewaltige Anstrengungen unternommen, um ihr Image als Zentrum einer geschundenen Landschaft zu revidieren. Die Bedeutung von Grün in der Stadt ist aufgrund seiner vielfältigen Funktionen unbestritten. Grünflächen und verschiedene andere Grünelemente gliedern die Stadt im großen und kleinen Maßstab. Sie beleben das Straßenbild und die Innenhöfe, sie bringen ein Stück Natur in die Stadt, sie bieten Lebensraum für Tiere, sie begünstigen ein angenehmes Kleinklima. Nicht zuletzt bietet Grün zahlreiche Möglichkeiten für Erholung, Sport und Aktivitäten.
In der heutigen Zeit, die von Hektik, zunehmender Freizeit, aber auch von steigenden Anforderungen an Wohn- und Umweltqualität begleitet wird, gewinnt das Grün der Stadt für das Wohlbefinden der Bewohner zunehmend an Bedeutung. Wohnqualität im kleinen und Stadtqualität im ganzen ist mit städtischen und privaten Grün untrennbar verbunden.

Goethepark. Foto: T. Glatzer
Foto: T. Glatzer
Foto: T. Glatzer
Foto: T. Glatzer
Wohnen am Blechenpark Franz-Mehring-Straße 58 bis 60. Foto: T. Glatzer
Leitsystem Grüner Ring am Blechensteg (Blechenpark). Foto: T. Glatzer

Verweis:
Modellstadt Cottbus-Innenstadt, Heft 2, Privates Grün in der Stadterneuerung

Herausgeber: Stadtverwaltung Cottbus, Baudezernat, Amt für Stadtentwicklung und Stadtplanung
Karl-Marx-Straße 67, 03044 Cottbus

8. Teilaufhebung und Abschluss der Sanierungsarbeiten*

Die Sanierung der Cottbuser Innenstadt ist so gut wie abgeschlossen. Von den 125 Hektar Fläche sind 113 Hektar saniert. 84 Millionen Euro flossen seit einem Vierteljahrhundert in 355 Gebäude, 135 Straßen, Wege, Plätze und Grünanlagen. 2019 wurden die Sanierungsarbeiten abgeschlossen.

Abriss der ehemaligen Brauerei in der Bürgerstraße. Foto: T. Glatzer
Foto: T. Glatzer

Zu den derzeitigen Schwerpunkt-Aufgaben gehört die geplante Flaniermeile an der Stadtpromenade einschließlich einer Radwegverbindung sowie der Gestaltung des Postparkplatzes. Zudem sollen Fenster am denkmalgeschützten Rathaus saniert werden. Der Investor des neuen Einkaufszentrums wolle in diesem Jahr allerdings nicht mehr mit dem Bau beginnen. Eine ganz neue Aufenthaltsqualität wird durch die Neugestaltung des Oberkirchplatzes geschaffen. Auf dem Grundstück des früheren Wichernhauses entstehen 55 moderne Wohnungen. Etwa 100 weitere Wohnungen sowie Tages- und Dauerpflegeplätze werden für das Quartier um den Neustädter Platz entstehen. Weiterhin befindet sich die Rudolf-Breitscheid-Straße inklusive des Parkplatzes Rossstraße im Umbau. Der Abriss für eine Wohnbebauung des ehemaligen Brauerei-Grundstückes an der Bürgerstraße hat begonnen. Saniert wird auch ein Haus in der Taubenstraße. In der Nachbarschaft sollen Garagen entstehen.

Sanierung Postparkplatz. Foto: T. Glatzer
Foto: T. Glatzer
Foto: T. Glatzer

Umbau Postparkplatz – Um eine Verbindung vom Einkaufcenter, Cottbus-Information und Stadthalle im nördlichen Bereich des Platzes zum weiteren Einkaufscenter im südlichen Bereich zu schaffen, entsteht entlang der Straßenbahntrasse eine „Flaniermeile“. Die Sitzbänke, eine großzügige Bepflanzung der Randbereiche und schöne Alleebäume tragen sicher dazu bei, dass in Zukunft die Flaniermeile ein beliebter Treffpunkt der Cottbuser wird.

Foto: T. Glatzer

Die Umgestaltung des Oberkirchplatzes begann im Juni 2018 und wurde zum Stadtfest 2019 abgeschlossen. Der Umbau wird von Archäologen begleitet, berührt er doch den Standort der früheren Lateinschule, in die der Australienforscher Ludwig Leichardt ging. Leichardt wird auf dem Platz mit einem Denkmal geehrt. Hinzu kommen Arbeiten an Straßen und Gehwegen. Diverse Leitungen für Wasser und Fernwärme werden saniert und erneuert. Der Platz erhält neue Lampen, einen neuen Müllstandplatz und neues Grün.
Der Bau wird etwa 750.000 Euro kosten. Hinzu kommen circa 110.000 Euro an Planungs- und Baunebenkosten.

Foto: T. Glatzer
Foto: T. Glatzer
Neugestaltung der Rudolf-Breitscheid-Straße zwischen Straße der Jugend und Tiegelgasse. Foto: T. Glatzer
Foto: T. Glatzer
Foto: T. Glatzer

In dem seit vielen Jahren leer stehenden Wichernkomplex zwischen Mühlenstraße und Am Spreeufer entstehen drei neue Wohnhäuser mit 55 Wohnungen. Nebenan entlang der Mühlenstraße und Am Spreeufer gegenüber den Gerberhäusern entstehen ebenfalls zwei sechsgeschossige Neubauten. Das Wichernhaus selbst wird komplett saniert. Ergänzt wird der Komplex durch ein Parkdeck mit 45 Stellplätzen.

Aufgrund des inzwischen hohen Sanierungsstandes hat die Stadt Cottbus gemäß den Festlegungen des Baugesetzbuches die Teilaufhebung der Sanierungssatzung beschlossen und diese im Amtsblatt vom 21.10.2017 bekannt gemacht.

Die von der Teilaufhebung betroffenen, in der Karte schraffierten Flächen umfassen etwa 90 % der Flächen des einstigen Sanierungsgebietes. Für diese Bereiche sind von der Stadt Cottbus Ausgleichsbeiträge von Grundstücks- und Wohnungseigentümern, die bislang nicht von der Möglichkeit einer vorzeitigen Ablösung Gebrauch gemacht haben, per Bescheid zu erheben.

Das verbleibende Sanierungsgebiet reduziert sich auf die sechs in der Karte weiß hinterlegten Flächen. Hier werden in der Zeit bis zur Aufhebung des Sanierungssatzes noch vorhandene städtebauliche Missstände behoben. Wo einst graue Fassaden und Leerstand das Bild prägten, hat die Stadt Cottbus wieder eine lebens- und liebenswerte Innenstadt, die für Bewohner und Besucher der Stadt gleichermaßen attraktiv ist, zurück gewonnen.

Blick vom Spremberger Turm in die sanierte Spremberger Straße und Burgstraße. Foto: T. Glatzer
Foto: T. Glatzer

Verweis:
https://modellstadt-cottbus.de/sanierungsgebiet/teilaufhebung/
https://www.lausitzer-woche.de/cottbus/wichernhaus-wird-saniert_aid-6369175https://www.cottbus.de/mitteilungen/2018-06/umbau_des_oberkirchplatzes_beginnt.html

* Stand Februar 2019

Veröffentlichung: 13.02. 2020